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14.07.2023, 14:14 - Wörter:
I like the way I can't keep my focus
„Die Location?“ Ungläubig hob Ellis den Kopf und sah Emrys skeptisch an. „Die Location ist doch kein Kriterium. Ich meine ja, die Freiheitsstatue, absoluter Bonus.“ Die Blonde machte eine lasche Handbewegung in Richtung Fenster, von der aus man die Hüterin der Freiheit sehen konnte. Ihre Muskeln waren noch immer taub, die Sinne weiterhin vernebelt, Platz für wirre Gedanken und absurde Gespräche war ihrem Verstand aber dennoch vorbehalten. „Aber eine schöne Wohnung kann sich ja jeder für ein paar Stunden mieten. Ich bin bitterarm aufgewachsen, mit Geld kannst du mich nicht beeindrucken.“ Ellis verstummte ob der Wahrheit, die sie da unbedacht preisgegeben hatte, entschied sich aber dafür es ohne weiteren Kommentar stehen zu lassen. Sie schämte sich nicht für ihre Vergangenheit, aber neben Emrys wollte sie nicht noch weiter wirken wie ein Straßenhund dem man ein mit Strass besetztes Halsband umgelegt und somit edler gemacht hatte, als er eigentlich war. Sie hatte sich selbst erarbeitet was sie heute hatte, wenngleich auch der Gedanke an ihr nagte wer da all die Jahre die Strippen im Hintergrund gezogen hatte um ihr behilflich zu sein. Spätestens mit dem Tod ihrer Mutter hatte sie wohl jede Chance verloren der Wahrheit auf die Schliche zu kommen. Aber dass manche Wahrheiten lieber unangetastet blieben… Oh, die Wehmut bei der Erinnerung daran, das leise Nagen an ihrem Gewissen wenn sie in Emrys große Augen blickte. Sie meinte was sie zuvor schon gesagt hatte, er war ein schöner Mensch. Innerlich wie äußerlich.
„Nachtisch oder Nachtisch?“ Ellis richtete sich ein Stück auf um einen besseren Blick auf seine Gesichtszüge bekommen zu können, musste aber wohl anerkennen, dass er mit Nachtisch nicht eine zweite Runde meinte sondern wirklich ein Dessert. „Also bitte, als ob ich nicht wüsste was du da im Tiefkühlfach hast. Du hast mich stundenlang hier allein gelassen, ich hab überall herumgeschnüffelt.“ Nicht überall natürlich, aber sie fand ohnehin, dass die Essgewohnheiten oder die Watchlist auf Netflix mehr über einen Menschen aussagten als seine Kleidung. Wer man draußen war oder sein musste, das war das Eine. Wer man war wenn man die Haustür hinter sich schloss? Da wurde es erst interessant.
Emrys Ausführungen über die einzig wahre Kate ließen Ellis nicht mehr aus dem Schmunzeln herauskommen. „Mich beeindruckt zutiefst wie gut du informiert bist“; gestand sie und hauchte einen Kuss auf seinen nackten Oberkörper, erstarrte bei seiner Frage dann aber in der Bewegung und verzog das Gesicht zu einer Grimasse. „Alexa, wer ist Robert Pattinson?“ Natürlich, das Dasein als Mutter hatte auch sie unweigerlich mit Pattinson in Kontakt gebracht, aber neben den anderen beiden Roberts? Während die künstliche Intelligenz das Abspielen der Musik unterbrach um einen Ausschnitt aus dem Wikipedia-Artikel zu Pattinsons Person zu zitieren rutschte Ellis wieder etwas zu Emrys auf, drehte sich auf den Bauch und stützte sich mit den Unterarmen auf der weichen Matratze ab. „Iron Man ist der beste Avenger, daran gibts nichts zu rütteln. De Niro ist eine Legende, aber Downey Jr.,… schwierig“, sprach sie ihre Gedanken laut aus, streckte eine Hand aus um Emrys durchs Haar zu streichen, „du siehst ihm ziemlich ähnlich, hast du mal den Film sehen in dem sein Vater den Richter spielt? Da ist eine Blondine sein Love Interest der ich ziemlich ähnlich sehe, guter Film.“ Ellis nickte entschlossen und stahl sich dann einen kurzen Kuss von Emrys Lippen, warf die Decke zur Seite und rollte sich bäuchlings aus dem Bett. „Wäre ich zwanzig Jahre jünger würde ich das vielleicht nackt machen aber so…“ Sie angelte nach Emrys Hemd, zog es sich über die nackten Schultern und schloss notdürftige drei Knöpfe, ehe, sie das Bett verließ und in Richtung Küche spazierte.
„Ich war so frei ein besseres Eis zu kaufen als das, das du da hast“, erklärte sie ihm, merkte beim Laufen, dass ihre Knie noch immer instabil wirkten. Entweder war die körperliche Ertüchtigung doch kräftezehrender gewesen als sie es in Erinnerung hatte oder ihr an die Seite gedrängtes, schlechtes Gewissen unternahm einen letzten Dolchstoß, der sie daran erinnern sollte, dass sie hier gerade nicht nur sich sondern auch Emrys in extreme Schwierigkeiten brachte.
Zielstrebig griff Ellis in die Tiefkühltruhe und angelte zwei Becher Eis heraus. „Ich war so frei dir veganes Eis zu bestellen, warte nur ab, es ist wirklich gut“, erklärte sie weiterhin freimütig, öffnete drei Schubladen bis sie die mit Besteck gefunden hatte und kehrte dann mit Eis und Löffeln zurück zum Bett. Seitlich auf den Knien sitzend stellte sie Emrys den gefrorenen Pappbecher auf die Brust, öffnete selbst den Deckel von ihrem Eis und zögerte nicht ihren Löffel darin zu versenken.
„Okay, also du kennst dich erstaunlich gut mit Filmen und Serien aus die eigentlich für die weibliche Zielgruppe sind. Du warst drei Mal mit derselben Frau verlobt, eine Bibliothek in Harvard trägt den Namen deiner Familie…“ Ellis kramte in ihrem Kopf nach den Infos die sie über ihn bereits gewonnen hatte, schob sich dann einen Löffel Eis in den Mund und sah Emrys nachdenklich an. Die Gratwanderung nicht zu viel über ihn zu erfahren und doch alles wissen zu wollen was ihn betraf und umgab… „Du nimmst deinen Job sehr ernst, das gefällt mir“, schob sie den zweiten Teil des Satzes noch hinterher und sah ihn direkt an, damit er sehen konnte, dass sie auch das tatsächlich ernst meinte. Es war eine wirklich undenkbar blöde Situation gewesen in der er Loyalität für seine Profession bewiesen hatte, aber gut. „Also sag mir, Emrys Harvard-Westbrook, was würde dein achtjähriges Ich aus der Vergangenheit zu dem…“ Hm, wie alt war er wohl? Ellis kniff ein Auge zusammen als müsste sie eine schwere Schätzung treffen, „zu dem 50 jährigen Ich von heute sagen?“ Die Absicht war wohl eine möglichst unverfängliche Frage zu stellen die ihr mehr Einsicht bieten würde, gleichzeitig aber genügend Spielraum ließ um hoffentlich in kein Fettnäpfchen zu treten. „Ich persönlich denke es würde dir sagen, dass du Mamma Mia eine zweite Chance geben solltest.“ Das war wohl der einzige Punkt in dem sie sich nicht einig werden würden.
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23.08.2023, 10:56 - Wörter:
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Emrys schmunzelte, als Ellis die Location abtat, als sei sie nichts besonderes. Doch er hatte ihre Reaktion, als sie sein Appartment das erste Mal betreten hatte - war das wirklich erst einige Stunden her? - noch nicht vergessen. Doch er kam gar nicht dazu, weiter darüber nachzudenken; ihre Offenbarung, dass sie bitterarm aufgewachsen war, wollte erst einmal verarbeitet werden. Damit hatte er nicht gerechnet, und er war sich auch im ersten Augenblick nicht sicher, wie er darauf reagieren sollte; immerhin war das ein ziemlich privates Detail, und damit war Ellis bisher recht sparsam umgegangen. Emrys fühlte sich ein wenig schlecht, dass er ihr nicht sagen konnte, dass er ebenfalls ohne einen Cent in der Tasche aufgewachsen war; doch dieses Geheimnis hütete er wie eine Kostbarkeit. Sollte seine wahre Vergangenheit und die Lügen zu seiner vermeintlichen Identität herauskommen, wäre das das absolute Ende seiner Karriere. Jeglicher Karriere. Und deshalb presste Emrys für einen Moment beide Kiefer fest aufeinander, um zu verhindern, dass ihm die Wahrheit doch entschlüpfte.
"Geld sollte auch nichts beeindruckendes sein", murmelte er daher nur. Manchmal war es wirklich jämmerlich, was manche Menschen bereit waren für Geld zu tun - aber wäre es nicht so, hätte sich seine Vergangenheit nicht so sorgfältig auslöschen lassen, wie es nun geschehen war.
"Ich bin sowohl für Nachtisch als auch für Nachtisch offen", grinste Emrys. Ihre Offenbarung, dass sie sich bereits ausgiebig in der Wohnung umgesehen hatte, überraschte ihn weder, noch beunruhigte es ihn. Alles, was ihm schaden konnte, war sicher in einem Safe verstaut - und der befand sich nicht mal in dieser Wohnung. Also, schon ein Safe, aber nicht der Safe. Mit den Unterlagen. Es wäre ihm unklug vorgekommen, solch brisantes Zeug in seiner Wohnung zu lagern. Denn ja, die Spuren seines alten Lebens waren sorgfältig ausgelöscht, verwischt und entsorgt worden - aber wie das so war, nicht alles ließ sich restlos löschen. Jack Maloney hatte existiert, Emrys Westbrook dagegen lange Zeit nicht - das ließ sich nur bedingt vertuschen.
"Hast du denn irgendetwas Spannendes oder Aufschlussreiches gefunden?" wollte Emrys wissen und war gespannt, was sie gefunden und wie eventuell ihre Interpretation dazu war. Bei Ellis wusste man nie, welche Verknüpfungen sich in ihrem Kopf ergaben, und das war einfach herrlich.
Dass sie nicht wusste, wer Pattinson war, glaubte Emrys nicht. Aber es amüsierte ihn, dass Alexa mit ihrer künstlichen Stimme ihnen nun Infos zu dem Schauspieler aus seinem Wikipedia-Eintrag vorlas. Unwichtges Bla Bla; sonderlich spannend war der Typ leider nicht. Aber Ellis hatte ja ohnehin bereits erkannt, dass Iron Man der beste Avenger war und somit war ihr hoffenltich auch schon klar, dass es nur eine Antwort auf seine Frage gab. Natürlich war Downey der beste Robert!
Ellis beschrieb ihm einen Film und Emrys legte nachdenklich den Kopf schief. "Das sagt mir jetzt nichts... Vielleicht müssen wir uns den mal zusammen anschauen. Wenn da eine Schauspielerin ist, die dir ähnlich sieht, bin ich dabei", grinste er und bedauerte, dass sie sich nach dem Aufstehen sein Hemd schnappte. "Du kannst in jedem Alter nackt durch meine Wohnung laufen, dafür gibt es keine Altersgrenze!" informierte er sie und fühlte seinen Worten einen Augenblick nach. Wenn man wollte, konnte man da schon hineinhören, dass er sich das hier als sein happily ever after vorstelle. Sein für immer. Ob sie das so interpretierte? Ob ihr das Angst einjagte? Aber vermutlich hatte sie es gar nicht wahrgenommen. Er wusste auch gar nicht, ob er es so gemeint hatte. Aber es war auch noch viel zu früh, um sich über so etwas Gedanken zu machen, von daher hing Emrys dem Gedanken nicht allzu lange nach. Vielmehr beschäftigte er sich mit ihrer Information, dass sie besseres Eis besorgt hatte. "Na, da bin ich aber mal gespannt!" War Eis nicht gleich Eis? Bisher hatte er immer ziemlich wahllos nach irgendeiner Sorte gegriffen. Hauptsache, er hatte Eis da, falls ihm danach war. Als Ellis ihn darüber informierte, dass es veganes Eis war, zogen sich Emrys' Augenbrauchen skeptisch zusammen. Das hörte sich nicht sonderlich verlockend an, aber Emrys war bereit, sich eines Besseren belehren zu lassen.
Er genoss es, Ellis dabei zuzusehen, wie sie sich in seiner Küche zurechtzufinden versuchte. Durch den offenen Stil des Lofts konnte er sie dabei beobachten. In seinem Hemd und mit leicht verwuschelten Sex-Haaren sah sie einfach umwerfend aus. Als sie auf ihn zukam, spielte er kurz mit dem Gedanken, sie direkt noch einmal zu vernaschen, aber vermutlich würde es ihr nicht gefallen, wenn er ihr veganes Eis autftauen ließ. Also verschob er diese Idee auf später und lauschte Ellis, die zusammenfasste was sie über ihn wusste und dann wissen wollte, was sein 8jähriges Ich seinem heutigen Ich sagen würde. "56, aber vielen Dank", grinste er, denn sein Alter hatte sie großzügig abgedrundet. Als sie Mamma Mia erwähnte, musste er laut lachen. "Das glaube ich wohl kaum", gluckste er und tauchte seinen Löffel in das Eis. "Den Film gab es ja auch nocht gar nicht, als ich 8 war. Es ist also höchstens möglich, dass ich meinem 8jährigen Ich so etwas sagen würde - aber das würde ich nie tun. Sorry." Er warf ihr einen vielsagenden Blick zu. Nein, in Punkto Mamma Mia würden sie wohl nie auf einen Nenner kommen.
Hätte sie die Frage andersrum gestellt, wäre sie wohl leichter zu beantworten - so musste Emrys einen Moment nachdenken. Während er nachdachte, schob er sich den Löffel in den Mund. Hm. Gewöhnungsbedürftig. Er nahm einen zweiten Löffel. Konnte man sich aber dran gewöhnen. Aber was zur Hölle war das für eine Sorte? "Was zur Hölle ist das für eine Sorte?" sprach er seinen Gedanken laut aus.
"Also, mein 8jähriges Ich würde mir sagen... Gut gemacht, schätze ich." Er zuckte mit den Schultern. "Ich war schon als Kind sehr ehrgeizig und wollte es zu etwas bringen. Ich schätze, der Kleine würde mir auf die Schulter klopfen und sagen: 'Gut gemacht, alter Mann, aber wo zur Hölle ist die Rutsche in dieser Wohnung?' Als Kind habe ich immer geglaubt, ich würde mir als Erwachsener eine riesige Rutsche ins Wohnzimmer bauen, wenn ich könnte."
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23.08.2023, 17:56 - Wörter:
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„Das ist die Meinung für Leute die genug Geld haben“, stellte Ellis unumwunden fest, auch wenn sie den Kern seiner Aussage verstand und unterstützte. Sie gehörte ja nun ebenso zur Oberschicht Marke selfmade, er - soweit sie von diesem Standpunkt aus wissen konnte - war mit dem goldenen Löffel im Mund geboren und hatte sich doch nicht daran verschluckt. Zumindest wirkte er nicht so als ob ihm das Geld wichtiger wäre als Integrität oder zwischenmenschliche Beziehungen, aber womöglich vertat sie sich da. Vielleicht wollte sie es auch nur nicht sehen, weil ihre rosarote Brille die Wahrheit so schön verschleierte.
„Also erst Nachtisch und dann Nachtisch.“ Ellis zögerte, wandte sich noch einmal an die künstliche Intelligenz, die seelenruhig ihre Emrys Playlist spielte. „Alexa? Füge Afternoon Delight zur Emrys Playlist hinzu.“ Und wieder gehorchte der Sprachassistent, besser, als es jedes ihrer Kinder jemals getan hatte. Gut, der Vergleich hinkte, aber es war so angenehm, wenn man Dinge nicht zwei Mal sagen musste…
„Ich weiß nicht ob ich deine Sammlung an Harvard T-Shirts aufschlussreich und spannend finden soll oder einfach nur besorgniserregend“, zog sie ihn auf und tippelte mit den Fingerspitzen über seine nackte Schulter. „Aber davon abgesehen…“ Ellis erhob sich etwas und ließ den Blick durch die offene Räumlichkeit schweifen. Sowohl die Netflix Watchlist als auch der Inhalt des Kühlschrankes waren interessant gewesen, aber wenn sie ehrlich war, dann hatte sie alles andere nur grob überflogen, hatte sich die Illusion die sie von ihm im Kopf hatte bewahren wollen. Was, wenn sie einen Kugelschreiber gefunden hätte mit dem Logo irgendeiner Waffenfirma? Oder wirklich schlechte Literatur? „Gibt es was zu entdecken? Dann suche ich nochmal.“ Das schräge Grinsen wollte heute aus sehr guten Gründen nicht aus ihrem Gesicht verschwinden. Wieso auch? Das hier war eine sichere Seifenblase, eine, die zu schön glänzte um wahr zu sein.
Mit dem imaginären Abzeichen ausgezeichnet, dass sie den Robert-Test bestanden hatte, erhob sich Ellis aus dem Bett und warf Emrys einen skeptischen Blick zu als er verheißen ließ, dass sie immer und in jedem Alter nackt durch die Wohnung laufen könnte. „In 30 Jahren sagst du das sicher nicht mehr.“ Ebenso wie er haderte sie kurz damit ob sie aus der Sache hier eben mehr gemacht hatte als richtig war. Was wenn er sich nun innerlich überschlug und sie aus den vier Wänden raus haben wollte, damit sie nicht auf die Idee kam, dass das hier Bestand hatte? Aber so hatte sich das eben nicht angefühlt, da war mehr zwischen ihnen gewesen als bloßes Verlangen und Lust. Da war Vertrautheit, die der Zeit ihrer tatsächlichen Bekanntschaft weit voraus war. Ein Verständnis füreinander, das sie so bis dahin nie kennen gelernt hatte.
Für ihren Geschmack sah er etwas zu skeptisch aus als er das Eis probierte. „Stell dich bloß nicht an“, warnte sie ihn keck grinsend und deutete mit dem Löffel auf ihn, als wäre es eine Waffe. Aber seine Frage war berechtigt. Welche Sorte aß er da? „Eh“, machte sie kurz, verrenkte sich um einen Blick auf die Packung zu bekommen. „Oh.“ Ja gut, die Skepsis verstand sie. Ellis nahm ihm den Becher aus der Hand, stellte ihn zur Seite und schob ihm stattdessen einen Löffel von ihrem Eis in den Mund. „Probier das“, forderte sie ihn auf, obgleich er ja offensichtlich ohnehin keine andere Wahl hatte. „Wer auch immer hier deinen Einkauf regelt hat die falsche Sorte gekauft. Ich wollte Double Chocolate Brownie und nicht…“ Sie sah noch einmal auf die Packung. Irgendwas in Orange und Rosa. „Ich glaub da sind Weingummis drin.“ Nein danke. Sowas konnten nur Kinder essen. Ellis zog zumindest den Löffel aus dem anderen Becher, sodass sie nun wieder zwei hatten und aus dem einen Becher aßen.
„56“, wiederholte sie die Info, die er ihr kurz zuvor mitgeteilt hatte. „Du hast dich gut gehalten“; nickte sie anerkennend, ließ den Blick aber sicherheitshalber nochmal über seinen Oberkörper schweifen. Nur um sicher zu gehen, natürlich. Das Mamma Mia-Paradoxon zwischen ihnen würde sie irgendwann ruhen lassen, vielleicht, aber nicht heute. „Du musst den Film eben mit mir gucken, dann sind das schon zwei auf der Liste. Glaub mir, mit mir ist alles besser.“ Ziemlich von sich selbst überzeugt nickte Ellis und nahm Emrys den Eisbecher aus der Hand um mit akribischer Sorgfalt und Zielstrebigkeit einen Brocken Brownie auszugraben. „Denk nicht mal dran, dass ich den mit dir teile.“ Auf Einzelschicksale wurde bei der Verteilung von Brownies keine Rücksicht genommen.
„Ja, alter Mann, wo ist die Rutsche hier?“ Sie schaffte es verhältnismäßig lang ernsthaft und ehrlich empört zu ihm zu blicken, musste dann aber doch lachen. „Du hast dein inneres Kind damit verraten.“ Hatte er. Wie konnte man diese Möglichkeiten haben und dann nicht vollends ausnutzen? Wieder sah sich Ellis kurz im Raum um, überlegte, wie sich hier eine Rutsche integrieren ließ. „Arbeitest du also doch für Google“, erinnerte sie sich daran, dass sie diesen Scherz schon einmal gemacht hatten, damals in Harvard. Als sie beide mit seiner Platin Karte durch die Universität spaziert waren, als wäre es das Normalste der Welt. „Wieso hast du mich eigentlich nicht angerufen nachdem ich dir meine Nummer gegeben habe?“ Neugierde in der Stimme, von Vorwürfen keine Spur. Sie hatten geschrieben, demnach hatte sie seine Nummer auch und hatte ihn ja auch nicht angerufen, obwohl sie gekonnt hätte. Dann wiederum, ihr Timing war schon mehr als perfekt, wenn man es recht bedachte. Wie oft konnte ihnen das Schicksal denn schon in diesem Umfang wohlwollend in die Karten spielen? Ellis atmete tief durch, ihre Zähne schmerzten von der Kälte des Eises. „Willst du noch?“ Reichte vielleicht, der Zuckerschock war sowieso vorprogrammiert. Wieder nahm sie die Löffel entgegen und die Eisbecher, erhob sich nochmal vom Bett und brachte beides zurück in die Küche. Auf halbem Weg zurück zum Bett hielt sie inne, öffnete langsam die drei Knöpfe die sie zuvor notdürftig verschlossen hatte und ließ das Hemd von ihren Schultern gleiten. Er hatte sie nackt durch das Apartment laufen sehen wollen, dann konnte er das haben.
Langsam ließ sie sich erneut neben ihm in die weichen Decken sinken, bettete den Kopf im Kissen neben ihm und sah ihn neugierig an. „Emrys Harvard-Westbrook“; begann sie und legte die Stirn in Falten. „Bist du zu gut um wahr zu sein?“ Diese Frage stellte sie sich allmählich wirklich.
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25.09.2023, 11:52 - Wörter:
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Emrys biss sich auf die Zunge und schluckte eine Antwort hinunter. Ja, von außen mochte es so wirken, als sei seine Antwort die eines Menschen, der sich nie mit Geldsorgen konfrontiert gesehen hatte. Dass er sehr wohl wusste, was es hieß, kaum Geld zum Überleben zu haben, konnte Ellis ja nicht wissen. Und er konnte es ihr nicht sagen; zumindest jetzt noch nicht, ob es jemals der Fall sein würde, konnte er jetzt noch nicht absehen. Dieses Geheimnis war Eines, das bestens behütet werden musste. Er durfte es niemals leichtfertig teilen, er durfte nie zulassen, dass ihm aus dieser brisanten Information ein Strick gedreht werden konnte. Wenn er die Worte einmal ausgesprochen hatte, ließen sie sich nie mehr zurücknehmen. Und Emrys sprach sowieso nicht gerne über Jack Maloney. Dieser Kerl war mittlerweile ein Fremder für ihn.
Also schwieg er und schmunzelte lediglich, als Ellis seine Playlist erweiterte und anschließend seine Sammlung an Harvard-T-Shirts ansprach. Es war albern, so viele T-Shirts mit dem Schriftzug seiner Alma Mater zu haben, zumal er diese meist nur zuhause trug. Aber er mochte sie nunmal auch. "Ich bekomme immer eins zugeschickt, wenn sie ein neues Design oder eine neue Edition drucken... Ist vermutlich aber weniger seltsam, als Puppen oder Kuscheltiere zu sammeln, oder?" fragte er. "Und nein, sonst gibt es nichts zu entdecken, fürchte ich. Keine sprichwörtlichen Leichen im Keller und auch keine tatsächlichen - ich besitze nämlich keinen Keller." Dafür einen Dachboden und einen Laggerraum, aber auch diese waren komplett leichenfrei.
"Oh doch, das würde ich in 30 Jahren immer noch sagen... dann würde ich dich vielleicht nur bitten, deine Brüste mit den Händen zu halten, damit sie nicht auf dem Boden schleifen." Emrys schnitt Ellis eine Grimasse, die unterstrich, dass er scherzte. Tatsächlich war er sich sicher, dass Ellis in 30 Jahren immer noch gut aussehen würde. Sie hatte offensichtlich gute Gene, also würden ihr die Brüste vermutlich höchstens bis zur Taille hängen. Dass weder er noch sie in 30 Jahren noch so knackig aussehen würde wie heute, war ja klar. Selbst wenn man plastische Chirurgie in Anspruch nähme, so hatte auch diese ihre Grenzen. Doch vielmehr beschäftigte Emrys nun die Frage, wie hoch wohl die Wahrscheinlichkeit war, dass sie einander in 30 Jahren noch nackt sehen würden..? War das hier etwas, das auf einen längeren Zeitraum angelegt war? Was war es denn überhaupt?
Er schob diese Gedanken erstmal beiseite und widmete sich dem zweiten Eistest. "Hm.... besser. Mit Milchspeiseeis nicht zu vergleichen, wenn ich ehrlich bin, aber eine durchaus annehmbare Abwechslung." Eis mit Weingummis fand er leider eklig, allein schon vom Namen her und spätestens nach dem Probieren. Aber das hier war eindeutig essbarer.
"Dankesehr", erwiderte er amüsiert, als sie anmerkte, er habe sich gut gehalten. "Und damit das auch so bleibt, muss ich leider standhaft bei meinem Nein bleiben, was Mamma Mia angeht - den Film ein Mal zu gucken, hat mich bestimmt 5 Jahre gekostet. Das will ich kein zweites Mal riskieren. Und ich glaube, wenn ich diese Lieder nochmal hören muss und diese Dialoge... Dann rollen sich nicht nur meine Fußnägel auf, sondern auch meine Ohren. Und es wäre doch wirklich schade, wenn ich für immer taub wäre." Er hob entschuldigend die Schultern, konnte sich aber ein kleines Feixen nicht verkneifen - er fand seine Argumentation einfach kugelsicher. Die Mamma Mia-Diskussion sollte damit ein für alle Mal vom Tisch sein. Da überließ er ihr sogar gerne das Brownie-Stück, dass sie gerade aus dem Eis befreit hatte.
"Die Rutsche... Vielleicht kommt sie noch eines Tages. Spätestens in 30 Jahren, dann musst du deine Brüste nicht so weit tragen, sondern kannst mit ihnen einfach direkt in die Küche rutschen." Er kniff sie leicht in die Seite, um sie ein wenig zu ärgern. Doch dann wurde es unerwartet ernst, als sie wissen wollte, warum er nicht angerufen hatte. Ja... Warum hatte er nicht?
"Ganz ehrlich?" fragte er zurück und sah ihr in die Augen. "Ich wollte dich unbedingt wieder sehen und hatte Angst es zu versauen, wenn ich dich anrufe. Du hättest übrigens auch anrufen können, nach der ersten Nachricht hattest du ja meine Nummer." Es war auch einfach arbeitstechnich so viel los gewesen, dass er kaum Zeit für private Anrufe gehabt hätte. Aber vielleicht hätte er sich einfach mal ein paart Minuten dafür nehmen sollen. "Hat aber doch geklappt, oder?" grinste er dann. Immerhin saßen sie hier nun postkoital in seinem Bett, man könnte seine Taktik, wenn es denn eine gewesen wäre, also als erfolgreich verbuchen.
"Ich hatte genug Eis, danke." Ellis war so nett, das Eis wieder zurück in die Küche zu bringen, und seine Augen folgten ihr den ganzen Weg hin und zurück. Was sich vor allem auf dem Rückweg lohnte, als sie sich seines Hemdes entledigte. Fuck. Diese Frau war der Wahnsinn. Sie kam auf ihn zu, die Sinnlichkeit in Person, und fast entging es ihm dass sie etwas sagte, so benebelt und betört war er von ihrer Erscheinung - und dem, was sie in ihm auslöste.
"Ich denke eher, dass ich nicht gut genug bin", murmelte er eine Antwort und packte sie dann an der Taille, um sie an sich zu ziehen und so zu küssen, dass sie keinen Zweifel daran hegte, dass er bereit war für den zweiten Nachtisch.
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25.11.2023, 13:14 - Wörter:
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„Da hast du so eine teure Hütte und hast weder Keller noch Dachboden“, stellte Ellis fest und ließ Mitleid mit Emrys walten, bedachte ihn mit einem ähnlichen Blick. „Wo sammelst du dann deinen ganzen Kram? Deine Geheimnisse? Du weißt schon, sowas was niemals jemanden finden und sehen darf oder es würde deine gesamte Existenz ruinieren?“ Klang wie ein stilistisches Filmelement, dabei wusste Ellis doch ganz genau wie fatal so etwas war, hatte ihre Tochter ja genau das auf dem Speicher des Hauses der Familie aufgetan. „Als ob du keine Leichen im Keller hast“, scherzte Ellis mit zusammengekniffenen Augen und taxierte Emrys spielerisch, sie wollte nichts aus ihm heraus kitzeln, aber jemand von seinem Format kam nicht ohne Geheimnisse aus. Das war einfach nicht realistisch. Oder schloss sie da zu sehr von sich und ihren fiktiven Figuren auf, naja, echte hochkarätige Menschen? Sie war ja dafür bekannt, dass ihre Fantasie die Realität dann und wann überholte. Wobei sie hier nicht sicher war, was wahr war und was nicht. Das hier war zu gut, zu schön, zu einfach. Wie sie da beisammen lagen und scherzten, Eis aßen und über Mamma Mia plänkelten. Das Ganze nahm eine weitere Dimension an als das nur so teilweise ernst gemeinte Gespräch sich in Richtung Zukunft entwickelte. Ihre Brüste in 30 Jahren, in welcher Form, Länge und Größe auch immer. Aber hier, bei ihm. Irgendwie jedenfalls. „Wieso soll ich die in den Händen halten, kannst du das dann nicht für mich machen?“ Sie hätte diese offensichtlich absurde Frage nicht ernst gemeinter formulieren können, die Leichtigkeit mit der dieser Wortwechsel abermals stattfand überraschte Ellis so sehr.
Wieso, stellte sich Ellis selbst die Frage, wieso sollte ihr so etwas Gutes passieren? So jemand Gutes? Es war nicht das erste Mal in ihrem Leben, dass sich ihr eigentlich unwahrscheinliche Gelegenheiten boten und sie diese beim Schopf packte; aber ein Stipendium an einer angesehenen Schule oder eine doch noch in Kraft tretende Aufnahme an einer Eliteuniversität waren etwas anderes, als das hier. Erfolg und Karriere waren das Eine, aber Menschen die das Herz berührten? Nachdenklicher als noch zuvor sah sie Emrys einen Moment an und überschlug im Kopf die Chancen, dass ausgerechnet sie jemanden wie ihn finden konnte. Lag die Wahrscheinlichkeit nicht bei Null? Eigentlich?
Wieso er nicht angerufen hatte - war es wirklich notwendig diese Frage zu stellen? Schon irgendwie, zumindest in ihrer Welt, in der Unsicherheiten im Zwischenmenschlichen keinen Raum mehr finden durften. Nicht solche Dinge jedenfalls, Unklarheiten über tatsächliche Zweifel und Loyalitäten. Verständnisvoll nickte Ellis über die Antwort. „Hätte ich“, gestand sie ihm zu, dass auch sie hätte anrufen können. „Ich glaube ich hab es aus demselben Grund nicht getan.“ Sicher war sie sich da nicht, aber die Angst etwas zu vergeigen was eigentlich noch gar nicht wirklich vorhanden war - das kam ihr schon sehr realistisch vor. Und wie absurd diese Sorge gewesen war bewiesen sie hier zusammen. Das Eis fand den Weg zurück in den Gefrierschrank und Ellis wieder ins Bett. Emrys Hände an ihrer Hüfte so warm und selbstverständlich. „Also Nachtisch“, stellte sie lachend fest, legte sich lang neben Emrys und platzierte erneute Küsse auf seine Brust, den Hals hinauf über die Wange zurück zu seinen Lippen. Nicht gut genug. Er. Als ob. „Du hast keine Ahnung“, zweifelte sie an, doch die Ernsthaftigkeit ihrer Worte ging im warmen Seufzen unter, das seine Berührungen bei ihr auslösten.
Noch nie in ihrem Leben hatte ihr ein Nachtisch so gut geschmeckt. Und noch nie hatte sie so gut geschlafen. Zumindest nicht seit sie Kinder hatte, was genau genommen ihr ganzes Leben ausgemacht hatte. Immer wieder hatten sich die beiden in der Nacht gefunden, eng umschlungen oder zumindest Rücken an Rücken. Wie absurd es war, dass man jemanden den man gerade so kannte - und dann eigentlich doch wieder gar nicht - so nah sein wollte, ja, dass es gar keine andere Option mehr zu geben schien. Es war so selbstverständlich neben Emrys aufzuwachen, dass Ellis daran zweifelte, dass sie nicht schon seit 20 Jahren verheiratet waren. Wobei der erste Blick in seine Augen dann gewiss nicht von so viel Freude gefüllt gewesen wäre.
„Morgen“, säuselte sie schlaftrunken und ließ den Blick durchs Loft schweifen, hell war es draußen noch nicht, würde es wohl auch nicht werden wenn sie den dichten Wolkenschleier richtig deutete. Müde kippte ihr Kopf wieder auf Emrys Brust, die Hand fand über seinen Bauch an seine Seite und drückte ihn fester an sich. „Müssen wir aufstehen?“ Eigentlich… nein. Wobei, verdammt, sie hatte einen Termin. „Wie spät haben wir?“ Ein bisschen wacher und doch noch geneigt den Termin dieses Mal einfach sausen zu lassen wenn sie dafür hier liegen bleiben könnte. „Wo ist dein Personal, das dir Kaffee bringt? Das muss doch mit so einem Apartment zusammen kommen?“ Wofür bezahlte er sonst horrende Summen für so eine Heimat? Ellis schob sich an seiner Seite etwas nach oben und platzierte einen Kuss auf seiner Wange. „Ich hoffe du hast eine Zahnbürste für mich? Vorher kann ich dich nicht richtig küssen.“
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11.12.2023, 15:24 - Wörter:
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Oh, wenn Ellis wüsste, dass es wirklich ein Geheimnis gab, dass er mit allen Mitteln zu schützen versuchte. Eines, das wie von ihr erwähnt, seine gesamte Existenz ruinieren würde - indem es nämlich aufdeckte, dass diese Existenz erst seit einem gewissen Zeitraum existierte und auf Lügen beruhte. Emrys Westbrook war nie geboren worden - er war auf einmal plötzlich da gewesen. Puff, da war er, wo eben noch ein Nichts geherrscht hatte. Ein Mann ward geboren, der nie Kind, Baby oder Embryo gewesen war. Wenn das herauskam, wäre seine Karriere am Ende - was für Emrys wirklich fatal wäre, bedeutete es doch neben dem Machtverlust auch finanzielle Einbußen. Wo verdiente man schon so lächerlich viel, wenn nicht in der Politik? Höchstens als Profisportler, aber dafür war er mittlerweile zu alt. Oder als Schauspieler, aber an einem Set zu hocken und auf seinen Einsatz zu warten war nicht gerade das, was Emrys sich unter einem Traumjob vorstellte. Nein, er fühlte sich in der Politik ganz wohl und hatte nicht vor, diese Karriere aufzugeben. Koste es, was es wolle. Er hatte bereits seine Seele dafür verkauft - höher konnte der Einsatz kaum noch werden, oder?
Emrys kehrte aus seinen Gedanken zurück in seine Wohnung und zu Ellis. "Nun, es gibt andere Aufbewahrungsmöglichkeiten als Keller oder Dachböden. Vielleicht habe ich eine Lagereinheit gemietet? Oder ich gehe nachts auf den Friedhof und verstecke meine Sachen in Särgen? Wer weiß das schon so genau..." Er zuckte mit den Schultern und bemühte sich, besonders unschuldig zu schauen, konnte aber ein Schmunzeln nicht gänzlich unterdrücken.
"Ich biete mich natürlich jederzeit an, deine Brüste zu halten", blieb das Schmunzeln auf seinem Gesicht, als er schließlich auf ihre Frage antwortete. "Sag einfach nur Bescheid, wann und wo. Wenn du mich fragst, passen sie in meine Hände auch viel besser als in so einen starren, genormten BH. Meine Hände passen sich deinen Brüsten individuell an, wärmen angenehm und verlieren nie an Tragkraft. Sie sind für deine Brüste also ein absoluter Gewinn." Wie absurd war diese Unterhaltung gerade? Und Emrys genoss jede Sekunde davon. Es gab so wenig Frauen, mit denen man derart herumblödeln konnte; da gab die Damenwelt ein Vermögen für Kleidung, Haare, Nägel, Botox und dergleichen aus - aber an ihrem Humor arbeiteten die wenigsten. Dabei war Humor für die meisten Männer viel attraktiver als falsche Haare, Plästiknägel oder erstarrte Gesichtszüge. Aber würde Ellis ihn auch noch gut finden, wenn sie erfuhr, dass er ein Politiker war? Oder wenn sie von seiner wahren Vergangenheit erfuhr? Nun, das erste würde sie wohl zwangsläufig irgendwann erfahren, wenn das mit ihnen weiterging - was er zu diesem Zeitpunkt wirklich sehr stark hoffte. Hinter zweites würde sie niemals kommen. Das konnte er, bei aller Zuneigung, einfach nicht riskieren.
Die Frage, wer hier keine Ahnung hatte, ließ Emrys in seinem Kopf so stehen. Ellis wusste ja schließlich nichts von seinen Geheimnissen und konnte daher keine realistische Einschätzung treffen, ob er es nun wert war oder nicht. Dass sie sich aber zweifellos wohl bei ihm fühlte, tat ihm unendlich gut und füllte gleichzeitig sein Herz mit Gefühlen an, über die er sich noch nachzudenken weigerte. Aber dass er nicht genug von Ellis bekommen konnte, stand außer Frage, und so zog er sie eng an sich und genoss ihren Körper an seinen und den Kontakt ihrer warmen Lippen. Dieser Nachtisch stellte alle bisherigen, je da gewesenen Nachtische in den Schatten, das stand mal fest!
Die Nacht ging viel zu schnell vorbei, und so sehr Emrys es genoss, Ellis neben sich zu spüren, so sehr bedauerte er es, sich bald von ihr lösen zu müssen. Immerhin hatte er Termine. "Guten Morgen, meine Schöne", brummte er mit noch vom Schlaf belegter Stimme. "Bleib gerne liegen, ich bringe dir Kaffee. Und suche eine Zahnbürste raus." Er küsste sie auf die Stirn, ehe er die Bettdecke ein Stück zurückschlug und aus dem Bett glitt. In der Küche schaltete er den Kaffeevollautomaten ein, ehe er eine Zahnbürste aus seinem Vorrat holte und dann kurz die Wohnungstür öffnete, um den davor befindlichen Stapel Zeitungen hereinzuholen. Berufskrankheit. Er schaffte es zwar nur, einen Bruchteil der Zeitungen zu lesen, aber er würde von seinen Stabsmitarbeiten über wichtige politische Dinge später ohnehin noch gebrieft werden.
"Was möchtest du denn - Kaffee schwarz? Cappuccino? Café Latte?" fragte er. Zwar hatte er keine Ahnung, wie die Maschine gereinigt und gepflegt wurde - darum kümmerte sich seine Reinigungsfee - aber die entsprechenden Knöpfe zu drücken, um ein Getränk ihrer Wahl zu zaubern, das bekam er hin.
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20.12.2023, 21:01 - Wörter:
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Neben Emrys aufzuwachen war wie nach einer Erkältung endlich wieder richtig durch beide Nasenlöcher atmen zu können; wie ein Fenster aufzureißen damit ein stickiger Raum wieder von frischer Luft durchflutet wurde; wie einen Stein aus dem Schuh zu bekommen und endlich wieder schmerzfrei weiterlaufen zu können; wie ein Rätsel zu lösen, mit dem man sich endlos lang herumgeschlagen hatte. Es war das Beste Gefühl das man sich in diesem Moment auslösen konnte und das alle anderen, je da gewesenen guten Gefühle weit in den Schatten stellte. Mit einem beseelten Lächeln auf den Lippen sah sie ihm hinterher als er aufstand um ihr einen Kaffee zu bringen und obwohl sich das Bett ohne ihn gleich sehr viel leerer und trauriger anfühlte, ließ sie es sich nicht nehmen noch einmal tiefer in das Kissen zu sinken. „Das ist wie eine Umarmung für den Kopf“, ließ sie ihn mit dunkler, genüsslicher Tonlage wissen und schloss noch einmal die Augen. Einatmen, ausatmen und beim erneuten Aufblicken hoffen, dass es kein Traum gewesen war. Dass sie wirklich hier war und er auch und er ihr nicht gleich sagte, dass es mit ihr ganz nett gewesen war aber sie nun gern gehen müsse bevor seine bezaubernde Ehefrau nach Hause kam. Dass es die nicht gab wusste sie zwar - zumindest hatte er das gesagt - aber das Gefühl, dass das hier zu gut war um wahr zu sein beschlich sie wieder. Wie ein Schatten der die ganze Zeit in ihrem Nacken gelauert hatte und nun seine Aufmerksamkeit ebenso wie Tribute forderte.
„Schwarz, bitte“, rief sie zurück in Emrys Richtung und schob sich träge in eine aufrechte Position. Nein, sie war definitiv nicht bereit im aufzustehen. Aber dann wiederum, wenn der Termin entsprechend ablief und sie künftig einen Teil ihres Alltags in New York City verbrachte, dann war das doch wiederum ein sehr erstrebenswertes Treffen und wenn die Zeit dann nur etwas schneller lief… Mit Blick auf den Kaffee kochenden Emrys verfiel Ellis für den Moment in eine Fantasterei für die sie eigentlich wenigstens zwanzig Jahre zu alt war. Sie war kein Mädchen mehr, das sich Hals über Kopf verliebte und nach den ersten wundervollen Erfahrungen die Zukunft mit jemandem in allen strahlenden Farben verplante. Sie musste vernünftiger sein, nicht nur, weil sie etwas zu verlieren hatte, sondern weil sie diesen Fehler schon begangen hatte und die Rechnung entsprechend noch immer mit Gewissensbissen sondergleichen beglich. Und noch dazu… wie fatal wäre es, wenn sie in dem hier so viel mehr sah als er?
Müde und doch irritierend zufrieden zugleich stieg auch Ellis aus dem Bett, sammelte das Harvard Shirt wieder ein und zog es sich über, er mochte sie gern nackt sehen und dennoch gab die Situation gerade etwas anderes vor. Gemütlichkeit, Beisammensein. Lust wie am Vorabend spielte weniger eine Rolle als der Wunsch, die Distanz zu Emrys wieder zu überbrücken. Ellis trat von hinten an ihn heran, ließ eine Hand über seine Schulter gleiten und lehnte dann den Kopf gegen seinen Oberarm. „Kannst du auch so Milchschaumbilder machen? Dann würde ich ausnahmsweise auch was anderes trinken als schwarzen Kaffee.“ Was einen wohl im Leben dazu bewog anzustreben, perfekte Herzen, Sterne und Brezeln aus Milchschaum auf einen Kaffee zu kriegen, den man dann eh trank? Express-Kunst für den Alltag.
„Gleich wieder da“, verabschiedete sie sich dann aber doch noch von Emrys und strebte das Bad an, nur um ein paar Minuten später mit frisch geputzten Zähnen und halbwegs gekämmten Haaren zurück zu kommen. Emrys, über die Zeitung gebeugt, zwei dampfende Kaffeetassen vor ihm. „Jetzt kann ich dich küssen“, pries sie sich an, schob sich wenig elegant aber fordernd zwischen Emrys und die Anrichte, legte die Arme um seinen Hals und verwickelte ihn in einen Kuss. So als hätten sie nie etwas anderes gemacht, als wären sie zwei Protagonisten in einem kitschigen Weihnachtsfilm die eingeschneit waren und sich über dieses Schicksal in Leidenschaft gefunden hatten. „Ist es eine Option das Loft nie mehr verlassen zu müssen?“ Ein schräges Grinsen auf den Lippen, ehe sie sich von Emrys löste und ihre Kaffeetasse zur Hand nahm, nur um sich dann neben ihm über die Anrichte zu beugen und auf die Schlagzeilen der Zeitung zu blicken. „Musst du das für die Arbeit lesen oder interessiert dich das wirklich?“ Und wollte sie das überhaupt wirklich wissen?
Ellis hob den Blick wieder und ließ ihn durch das gegenüberliegende Fenster in Richtung Lady Liberty gleiten. „Gewöhnt man sich jemals an den Ausblick?“ Denn dass sie fasziniert war - das war so offensichtlich wie die Tatsache, dass sie sich Hals über Kopf in den Mann neben sich verliebt hatte.
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11.01.2024, 13:47 - Wörter:
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Emrys betätigte den Knopf, der Ellis einen schwarzen Kaffee bescheren würde, und ging dann ins Bad, wo er in seinen Schränken nach einer Zahnbürste suchte. Und zwar nicht nach den billigen Einmalzahnbürsten, die er sonst in der Regel verteilte, an Damen die eben nicht mehr als eine einmalige Sache waren. Doch Ellis, sie bekam die Premium-Gästezahnbürste, und von der hatte er nur eine einzige vorrätig. Für den Fall, dass eben mal eine besondere Person kam, die er mehr als einmal in seiner Wohnung zu beherrbergen hoffte. Natürlich konnte sie die Zwei-Klassen-Gesellschaft seiner Zahnbürsten nicht kennen, aber wenn, ob Ellis darüber erfreut wäre? Er hoffte es, er hoffte es sehr. Aber war er sich sicher? Nicht wirklich. Und selbst wenn er sich zum jetzigen Zeitpunkt sicher wäre, es konnte sich alles ändern, wenn sie erfuhr, dass er sich in der Politik herumtrieb. Dass sein Job bislang noch nicht zur Sprache gekommen war, grenzte ja irgendwie an ein Wunder. Aber irgendwann würde Ellis es wissen wollen und dann würde er sie nicht belügen. Er war ja nicht gerade ein Zuhälter oder Drogenmogul, aber er hatte eben oft die Erfahrung gemacht, dass manche Menschen einfach nicht gut auf seinen Job zu sprechen waren. Nicht jeder war mit dem, was Politiker so entschlossen, einverstanden, eher im Gegenteil, viele Leute reagierten mit Unmut. Und tatsächlich war es Emrys schon zwei Mal passiert, dass eine Frau die Verabredung abgebrochen hatte, nachdem sie von seinem Job erfahren hatte. Politik spaltete die Menschen, so war es einfach.
Der Gedanke, Ellis möglicherweise zu verlieren, schnürte Emrys regelrecht die Brust zu. Das durfte nicht passieren... Er wusste nicht, wie er damit umgehen würde. Seit er sie kannte, war sein Leben so viel lebhafter, seine Farben bunter und seine Laune besser. Das fiel sogar seinen Stabsmitgliedern auf. Und er mochte den neuen Emrys. Er war zwar immer noch verbissen, tough und zielstrebig - aber er war auch... keine Ahnung. Humorvoller. Menschlicher. Leichter.. so irgendwie. Und er mochte das. Ellis tat ihm gut, daran gab es keinen Zweifel. Und er hoffte, dass er das zumindest im Ansatz auch zurückgeben konnte.
Was er definitiv tun konnte, war ihr ein Milchschaumbild zu machen. Er würde alles für sie tun, wenn sie sich so an ihn schmiegte wie gerade. "Na klar", lächelte er daher und küsste sie kurz auf den Scheitel, ehe er sich von ihr löste, um die Milch aus dem Kühlschrank zu holen und ihn den Aufschäumer zu geben. Auf Knopfdruck legte das Gerät los, und Kaffee und Milchschaum waren gleichzeitig fertig. Emrys nahm die kaffeeebefüllte Tasse unter dem Automaten hervor und versuchte sich dann daran, den Milchschaum künstlerisch einzufüllen. Das war gar nicht mal so leicht, und das Endergebnis war... im besten Fall unkenntlich. Aber hey, die Mühe zählte, oder nicht?
Ellis kam nun aus dem Bad zurück und Emrys ließ sich nur zu gerne von ihr küssen. Mmmh, daran könnte er sich wirklich gewöhnen! Mit einem Lächeln legte er die Arme um sie und vergass die Kaffeekreation für einen Moment vollkommen. Vor allem, als sie ihn wissen ließ, dass sie sein Loft eigentlich nie mehr verlassen wollte... "Na klar, wenn du auf frische Luft verzichten kannst, dann ist das kein Problem." Immerhin waren sie hier so weit oben, dass die Fenster sich nicht wirklich öffnen ließen. Im besten Fall ließen sich einige kippen, aber durch die gute Luftfilteranlage des Lofts war das eigentlich gar nicht nötig. Das Loft regulierte die Luft vollkommen selbstständig; tauschte sie aus, regulierte Temperatur und Grad der Luftfeuchtigkeit. Tja, mit genügend Geld war eben so einiges möglich.
Ellis nahm die Kaffeetasse in die Hand. "Ich bitte dich, mein Kunstwerk zu würdigen", forderte er ein. "Das ist... eine Christbaumkugel, wie man klar erkennen kann." Immerhin hatte die Milchschaummalerei, wenn man es denn optimistisch so nennen wollte - man konnte es auch einen klaren Fail nennen, aber wer war schon so pessimistisch? - , doch irgendwie rundliche Züge, sodass die Christbaumkugel gar nicht so weit hergeholt war. Oder?
Las er die Zeitung aus beruflichen Gründen? Ja, auch. Er war sein Beruf, insofern interessierte es ihn auch wirklich, was in der Zeitung stand. Natürlich war es auch immer gut zu wissen, was die konkurrierenden Parteien und die potentiellen Rivalen auf das von ihm angepeilte Amt so unternahmen. Es war also im Grunde berufliches und privates Interesse, gemischt mit einer Prise Stalking und - im besten Fall - Schadenfreude. Hach, ein Hoch auf die Presse. "Sowohl als auch", antwortete er daher diplomatisch und betrachtete sie noch einen Augenblick, während sie den Blick schon abwandte. Dann folgte sein Blick ihrem und er musterte Lady Liberty. "Nein", antwortete er ihr schlicht und sah sie wieder an. "Es gibt einfach Anblicke, an die gewöhnt man sich nie so ganz und ist jedes Mal wieder von den Socken. So geht es mir jedenfalls." Ob sie merkte, dass er dabei nicht nur von der Dame draußen vor dem Fenster, sondern auch der in seinen Armen sprach?
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11.01.2024, 18:56 - Wörter:
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„Ach, frische Luft.“ Ellis machte eine wegwerfende Handbewegung die unterstreichen sollte, was sie davon hielt. „Hatte ich schon genug. Frische Luft kann jeder haben. Und ich glaube wir sind uns einig, dass die Luft hier drinnen vermutlich frischer und sauberer ist als vor der Haustür.“ New York war für viele Dinge bekannt, ganz sicher aber nicht für die qualitativ hochwertige Frischluft. Es lag nahe, dass dieses Loft über eine so modernes Belüftungssystem verfügte, dass es mit Sicherheit gesünder wäre hier drinnen zu bleiben. Vom jetzigen Standpunkt aus betrachtet erschien es ihr auch nicht so als könnte es hier mit ihm jemals langweilig werden. Eine Serie gucken, Musik hören. Eis essen, Kaffee trinken. Zusammen ins Bett gehen. Aus dem Fenster gucken. Ein Puzzle puzzeln. Wäsche zusammenlegen. Die sie nie bräuchten weil sie in seinen Harvard Shirts lebte und er bestenfalls gar nicht viel mehr trug als jetzt. Und selbst die langweiligsten, banalsten Dinge erschienen gerade erstrebenswert, wenn in Aussicht stand, dass sie das mit Emrys tun konnte. Oder ihn in ihrer Nähe wusste. „Hast du keine Angst, dass ich dich nur wegen deinem Geld mag?“ Tat sie nicht. Offensichtlich. Aber sie beschlich das Gefühl, dass er diese Erfahrung möglicherweise schon gemacht hatte? Sie war gut betucht. Aber er? Scheißreich. Offensichtlich. Jemand der ein paar gute Bücher schrieb blickte in der Regel trotz allem nicht vom Bett aus auf die Freiheitsstatue, das war den Magnaten ihrer Zeit vorbehalten. Oder den Erben solcher. Emrys war davon genau was?
Anerkennend nickte Ellis in ihre Tasse hinein. „Christbaumkugel. Natürlich.“ Sie wog den Kopf zur Seite, die blonden Haare fielen ihr dabei über die Schulter. „Ich hätte ansonsten auf eine Sonne getippt? Hier, wegen dem Strahl dort.“ Umständlich deutete sie mit dem Finger auf den verlaufenden Milchschaum. „Und weil ich offensichtlich die Sonne in deinem ansonsten tristen, öden Alltag bin. Wirkt als hättest du sonst nicht viel Spaß.“ Ha, als ob. Mit so einem Zuhause würde sie die Wohnung eh nie wieder verlassen, Frischluft hin oder her. Der Ort war perfekt, hatte alles was man brauchte. Wieso raus gehen? Oh wie sie hier schreiben könnte, mit diesem Ausblick? Die Ideen sprudelten ihr durch die wirren Gedanken, ehe sie die Tasse an die Lippen setzte und einen Schluck trank. Sogar der Kaffee schmeckte teuer. Vorzüglich. Aber teuer. Instinktiv lehnte sie sich etwas tiefer in Emrys Arme und atmete tiefer und ruhiger als es in den letzten zwanzig Jahren jemals der Fall gewesen war. Es war so absurd zu denken, dass sich nach Hause kommen genau so anfühlen sollte, wenn sie doch über diesen Mann kaum mehr wusste als seinen Namen und ein paar Fakten? Den eigenen Gedanken für den Moment nachhängend blickte Ellis aus dem Fenster, nur für den Fall der Fälle, dass das hier das erste und einzige Mal war, dass sie diesen Ausblick hatte. Hoffentlich nicht. Dabei spielte es keine Rolle ob sie die Statue von hier aus oder von einem klapprigen Tretboot aus sehen würde, wenn Emrys nur neben ihr war?
„War übrigens eine ziemlich gute Zahnbürste“, murmelte sie leise und nippte abermals am Kaffee. „Stabil aber nicht zu hart, der Griff lag ergonomisch in der Hand. Die Zahnpasta auch gut, ich mag keine Minze, die war also perfekt.“ Sie sah über die Schulter halb in sein Gesicht und ließ den Blick dann wieder auf die Zeitung vor ihnen wandern.
Was für ein fataler Fehler.
Eher desinteressiert huschte ihr Blick über den Rand der Tasse hinweg über die Schlagzeilen, sie blätterte eine Seite weiter und da, aus dem Augenwinkel, blieb ihr Auge an einem Namen hängen. Emrys Westbrook. Ein aufgeregtes Du bist ja in der Zeitung blieb ihr im Halse stecken, ebenso wie der Atem per se. Kandidat um den Sitz des Gouverneurs. Ihr Körper wurde starrer, ihrer Gedanken froren ein. Immer und immer wieder las sie den Satz, immer wieder in der Hoffnung, dass sie sich verlas. Dass da etwas nicht stimmte. Die Schreibweise seines Namens, dass es ein Verwandter war, gar nicht er. Aber wie sehr wollte sie sich belügen?
Ein Gedanke wie ein gezogener Jengastein, zu spät um sich für einen anderen Stein zu entscheiden. Sie hatte ihn bewegt, der Turm wackelte. Langsam, dann mehr. Die Hoffnung, dass er sich selbst retten würde erstarb, tief in ihren Gedanken ratterte es los. Gouverneur. Von New York. Gouverneur. In einer mechanischen Bewegung ließ Ellis die Tasse sinken, stellte sie ab bevor sie ihr aus der Hand gleiten konnte. Mit zittrigen Fingern suchte sie stattdessen Halt an der Theke vor ihr. Sie wollte sich nicht umdrehen, sie wollte Emrys nicht in die Augen blicken. Wenn etwas zu gut schien um wahr zu sein, dann… war es das in der Regel auch. Schlussfolgerungen ratterten wie Rädchen ineinander. Wenn er Gouverneur werden wollte, dann ließ sein Team mit Sicherheit niemanden einfach so in seinen Dunstkreis. Dann wusste man wer sie war. Dass sie hier war. Und dann würde man weiterhin wissen wollen wer sie war. Woher sie kam. Was ihr passiert war. Jede Zufriedenheit war aus Ellis Gesicht gewichen als sie sich von Emrys wegschob und mit zusammen gepressten Kiefern endlich zu ihm aufsah. Da war sie, das war die Strafe dafür, dass sie ein so schrecklicher Mensch war, das Leben hatte ihr den Hauptgewinn vor die Nase gesetzt, nur um ihn ihr in der letzten Sekunde wieder zu entreißen. Das Leben hatte ihr eine hässliche Fratze gezogen und lachte sie nun aus, eine Empfindung, die sich in ihrem Gesicht sicher nicht widerspiegelte. „Gouverneur?“ Leise Hoffnung, die da eigentlich keinen Platz hatte, schlich sich in ihre Tonlage. Hoffnung, dass er das aufklären würde. Dabei fügten sich doch alle Teile ineinander. Harvard. Seine Bekanntheit. Sein Reichtum, die plötzliche Arbeit. Tränen schimmerten in ihren blauen Augen auf, bahnten sich ungehalten den Weg über ihre plötzlich so blassen Wangen. „Bitte sag mir, dass das nicht stimmt“, flehte Ellis dennoch und hielt sich eine flache Hand vor den Mund um ein Schluchzen zu unterdrücken. „Bitte“ folgte noch einmal, aber ihre Stimme hatte keine Substanz mehr.
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25.01.2024, 15:57 - Wörter:
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Da hatte sie natürlich auch wieder Recht, die Luft hier drinnen war definitiv sauberer als der Abgasmief, der an seinen Fenstern vorbeizog. Eigentlich war es ein Wunder, dass die Stadt so beliebt war; sie war laut, sie stank, es waren viel zu viele Menschen unterwegs. Und trotzdem gab es keinen Ort, an dem Emrys lieber wohnen würde. Zwar überlegte er momentan, ob er sich nicht ein Haus irgendwo im Grünen, weitab von jeglichem Trubel, zulegen sollte. Als Zufluchtsort, für ein verlängertes Wochenende oder so. Aber wenn seine Kanditatur wirklich erfolgreich verlief, würde er vermutlich nicht sonderlich viel Zeit haben, sich im Grünen aufzuhalten - vielleicht wäre es also nur Geldverschwendung. Und ja, im Prinzip hatte er davon genug; seine Konten waren prall gefüllt. Aber seine Vergangenheit steckte eben tief in ihm drin... Er würde wohl nie vergessen können, wie es sich anfühlte, keinen Cent in der Tasche zu haben. Und das war auch gut so. Er glaubte fest daran, dass seine Geschichte, auch wenn niemand sie kannte, ihn zu einem besseren Politiker machte. Auf jeden Fall hatte sie ihn zu einem mehr als ehrgeizigen Menschen gemacht. Es war fast schade, dass sein Leben - sein wahres Leben - nicht bekannt war; von der Gosse zum erfolgreichen Politiker, die Verfilmung seines Lebens hätte bestimmt einen Oscar für das beste Drehbuch erhalten.
Ellis riss ihn mit einer Frage aus seinen Gedanken. „Hast du keine Angst, dass ich dich nur wegen deinem Geld mag?“
"Angst nicht. Aber ich bin mir bewusst, dass es genug Menschen gibt, die mehr an meinem Geld interessiert sind als an mir. Und ich merke den Unterschied mittlerweile schnell." Er lachte leise. "Das war auch notwendig, sonst wäre ich mittlerweile wohl pleite, weil mich ein Mensch nach dem anderen abgezockt hätte." Er schwieg kurz, zögerte, ob er weitersprechen sollte. "Bitter war es meist, wenn es Frauen waren, die mich ernsthaft interessierten. Das tat dann weh." Er lächelte sie an. "Ich weiß aber, dass du nicht zu diesen Frauen gehörst." Sie sollte bloß nicht daran zweifeln, dass er wusste, dass sein Geld keine Rolle für sie spielte. Das hier zwischen ihnen war mittlerweile viel zu intensiv, als dass es gespielt sein könnte.
Immerhin war sie ja die Sonne in seinem Leben. Emrys musste lachen. Sie war wirklich unglaublich! "Als öde würde ich meinen Alltag vielleicht nicht unbedingt bezeichnen, aber du hast auf jeden Fall Farbe hineingebracht." Er strich sanft über ihre Arme, als sie sich näher an ihn kuschelte. Sie schwiegen einen Augenblick, aber es war kein unangenehmes Schweigen; sie wussten beide, dass sie sich wohl miteinander fühlten, und Emrys war sich sicher, dass Ellis dieses Beisammensein, den Moment, genauso genoss wie er. Wie es wohl wäre, sie öfter hier bei sich in der Wohnung zu haben? Der Gedanke fühlte sich erstaunlich gut an. So wie sie. Es tat einfach gut, sie hier zu haben, mit ihrem wunderschönen Körper und ihrem erfrischenden Geist. Emrys war eigentlich jemand, der lieber Single war, weil er nur ungern Kompromisse einging - aber mit Ellis schien Zeit zu verbringen so leicht zu sein, er hatte nie das Gefühl, etwas zu müssen. Sie stellte keine überzogenen Erwartungen an ihn, wie Frauen es sonst so oft, spätestens nach einer gewissen Weile, taten. Vielleicht wäre es auch schön, mit Ellis in den Urlaub zu reisen... Sobald es sein Zeitplan zuließ. Bali oder Maui, ein einsamer Strand, nur sie beide und die Servicemenschen, die dafür sorgen würden, dass es ihnen an nichts fehlte und sie rundum versorgt und verwöhnt waren...
Emrys brauchte einen Moment, um vom Strand zurück zu seinem Appartment und speziell seinen Gästezahnbürsten zu gelangen. Was für ein Themenwechsel, den Ellis da unwissentlich in seinem Kopf herbeigerufen hatte. "Es freut mich sehr, dass dich die Zahnbürste derart zufrieden gestellt hat. Ihr wart ein anscheinend ein gutes Team... Dann würde sich die Zahnbürste bestimmt freuen, dich - oder bessergesagt deine Mundhöhle - bald wiederzusehen."
Für einen Moment schloss Emrys, an Ellis gelehnt, die Augen und genoss einfach das Hier und Jetzt. Himmel, das kam weißgott nicht oft vor! Meistens war er sich selbst in Gedanken bereits einige Schritte voraus. Doch gerade jetzt gelang es ihm, abzuschalten und einfach nur im Moment zu sein. Zu genießen. Nicht zu kalkulieren, zu planen und endlose imaginäre To-Do-Listen zu füllen. Er hörte Ellis ruhigen Atem, hörte das Rascheln der Zeitung, als sie darin herumblätterte... Und spürte die Veränderung. Ihr Körper versteifte, ihre Atmung veränderte sich. Rasch öffnete er die Augen wieder, um herauszufinden, was los war. Sein Blick fiel auf die Zeitung. Shit! So eine Scheiße! Noch bevor er Luft holen konnte, um sich zu erklären, kam sie ihm mit Worten zuvor. Und jedes einzelne ihrer Worte schnitt schärfer und tiefer in sein Herz als das zuvor.
"Es tut mir leid... Ich hätte es dir sagen sollen." Sicherlich hatte sie das Gefühl, dass er sie belogen hatte - obwohl sein Job ja nie thematisiert worden war. Er hatte nie vorgegeben, etwas anderes zu tun. Aber gar nichts zu sagen... Kam ihm jetzt auch doch wie eine Lüge vor. Er war immerhin kein Niemand, er stand in gewissem Maß in der Öffentlichkeit, was natürlich auch Konsequenzen für die Menschen in seinem Dunstkreis hatte. Bisher hatte er diese Tatsache erfolgreich verdrängt, hatte nicht einmal seinem Stab erzählt, dass er Ellis traf, um sie vor der unvermeidlichen Durchleuchtung zu schützen... Doch unendlich lange würde das auch nicht mehr gutgehen. Je öfter er sich mit Ellis traf, umso größer wurde die Wahrscheinlichkeit, dass sie irgendwann zusammen gesehen wurden. Oder gar fotografiert. Die Presse wartete ja förmlich darauf, dass "der ewige Junggeselle Westbrook" sich endlich mal mit einer Frau an seiner Seite zeigte.
Doch an die Presse konnte er gerade nicht denken. Er versuchte seine Gedanken zu ordnen, seine nächsten Schritte und Worte zu planen. Denn: Ellis' Reaktion jagte ihm eine Scheißangst ein. "Ich kandidiere bisher nur für den Sitz des Gouverneurs. Vielleicht bekomme ich den Posten gar nicht." Doch der Inhalt seiner Worte war ebenso dünn wie der Klang seiner Stimme. Das Gefühl, dass hier etwas unwiderruflich in Schieflage geriet, konnte er einfach nicht abschütteln.
Bitte nicht. Oh bitte, bitte nicht.
"Ellis..." Er suchte nach Worten, fand keine. Als er die Tränen in ihren Augen erblickte, war es, als umklammere eine eiskalte, eiserne Faust sein Herz. "Ellis, bitte... Es tut mir so leid, ich wollte dir das nicht verheimlichen." Er spürte, wie sie ihm entglitt, obwohl sie direkt vor ihm stand. "Ich... Wir können..." Scheiße, er musste das hier irgendwie retten! Er durfte sie nicht verlieren. Nicht jetzt. Nicht sie.
"Ich wollte es dir sagen, wirklich. Aber es tat so gut... Diese Welt von dem, was wir haben, fernzuhalten. Du bist... Ich will..." Himmel, er konnte keinen klaren Gedanken mehr fassen, geschweigedenn Worte finden.
"Findest du es wirklich so schlimm?" Er hatte es ja bereits erlebt, dass Frauen ihn wegen seines Jobs versetzten. Aber das war meistens bei den ersten Dates gewesen, wo man sich noch kaum kannte. Ellis und er, sie waren doch schon so viel weiter, oder nicht?
Aber warum hatte er ihr bislang nichts von seinem Job erzählt? Was, wenn er damit nun alles aufs Spiel gesetzt hatte... Warum nur hatte er so lange geschwiegen, verdammt.
A propos Schweigen: Auf einmal war es so still. "Rede mit mir, Ellis", flehte er und wünschte sich, er wüsste was er tun könnte, um ihre Tränen zu vertreiben. Und das ungute Gefühl, dass ihn einfach nicht aus seinem grauen, kalten Klammergriff entlassen wollte.
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