27.01.2024, 21:13 - Wörter:
I like the way I can't keep my focus
„Ich darf also wiederkommen, ja? Das wäre sonst ja auch nicht besonders nachhaltig, so eine Zahnbürste nur einmal zu benutzen. Unverantwortlich.“ Wieso auch diese erste Frage in Ruhe stellen und eine Antwort abwarten? Das wäre zu erwachsen. Vor allem aber zu riskant. Was wenn er nein sagte? Als ob er das tun würde. Über diesen Punkt waren sie hinweg, oder nicht? Die miteinander verbrachte Nacht war nicht der Höhepunkt ihrer Bekanntschaft gewesen, sondern der Beginn. Auch wenn es Höhepunkte gegeben hatte. Mehrere. Je nachdem wie schalldicht hier alles war wussten auch die Nachbarn davon. Und hätten sie doch nur an diesem Meilenstein angehalten und sich eine Pause gegönnt, den Moment genossen und an der Abzweigung nicht die eigentlich ja aber doch unausweichliche Katastrophe angesteuert.
Binnen weniger Sekunden brach das schöne Kartenhaus in sich zusammen, das sie so sorgsam und vorsichtig errichtet hatten. Um die Wahrheiten, Tatsachen und Gegebenheiten herum, die als Fundament hätten dienen sollen. Kein Wunder also, leider, dass es keinen Bestand haben konnte. Der Tornado der Wahrheit wehte die Karten durcheinander, hinterließ Chaos und Zerstörung. Dass sie weinte erschreckte Ellis selbst, ein handfestes Indiz dafür, wie schnell der Schmerz sie zerriss und zu verzehren drohte. Gouverneur. Wieso? Warum? Hätte er nicht einfach irgendein Finanzhai von der Wall Street sein können? Oder ein Immobilienmogul? Von ihr aus auch ein Kardashian. Wieso ausgerechnet eine Figur in der Öffentlichkeit, die die Presse am liebsten Schicht für Schicht auseinander nahm? Wo jedes Blatt umgedreht wurde und kein Geheimnis ein solches blieb? Wo auf einmal Ton- und Bildmaterial auftauchte das Situationen bezeugte, die man für vergessen gehalten hatte? Momente die so fatal waren und wieder werden könnten.
Die entschuldigenden Worte aus Emrys Mund, die Verzweiflung die in seinem Gesicht geschrieben stand und mit jedem Atemzug greifbarer wurde, zerrissen Ellis das Herz.
Hätte er es ihr sagen sollen? War das nicht genau ihr Spiel gewesen? Genau das eben nicht zu tun? In stillem Einverständnis waren sie Fremde geblieben und es hatte ihnen in die Karten gespielt, ansonsten wären sie nie bis zu diesem Punkt gekommen. Dann hätte Ellis ihn niemals außerhalb des Pubs getroffen, hätte nicht die Weichen so gestellt, dass sie jetzt genau hier standen - vor dem Aus, noch bevor es überhaupt richtig begonnen hatte?
Sie wollte etwas sagen. Sie musste etwas sagen. Aber nicht nur, dass ihre Kehle zugeschnürt wirkte, sie wusste nicht einmal was sie sagen könnte. Wobei, machte das einen Unterschied? Stumm flossen die Tränen über ihre Wangen während sie Emrys Satzfetzen zuhörte, ihr Verstand hingegen lief Amok, überflog alle Möglichkeiten, wägte ab welcher Schaden schon entstanden war, welchen davon man nicht mehr beseitigen konnte.
Ellis, rede mit mir. Als hätte man sie aus einem tiefen Schlaf ruckartig geweckt zuckte Ellis kurz zusammen und schnappte nach Luft. „Dir muss nichts Leid tun“, begann sie leise und strich sich mit dem Handrücken die Tränen von der Wange, umrundete die Küchenzeile und kam gegenüber von Emrys wieder zum Stehen, die Zeitung wie ein Mahnmal zwischen ihnen noch immer ausgebreitet. „Wenn, dann muss ich mich entschuldigen.“ Aber in ihren Worten lag nichts Versöhnliches, kein Schwamm drüber und schon gar keine Hoffnung. Sie räusperte sich um ihrer Stimme wieder mehr Volumen geben zu können. „Wir haben beide gedacht Dinge zu verheimlichen wäre gut und richtig“, wollte sie zumindest diesen Teil einräumen, denn abseits davon, war nicht er derjenige der hier zu Kreuze kriechen musste. Sie hatte doch gewusst, dass sie ihn niemals mit sich und ihrer Vergangenheit hätte belasten dürfen. Sie, und nur sie, war dafür verantwortlich, dass sich nun zwei gebrochene Herzen in diesem Loft befanden. Das Vertrauen das er ihr entgegen gebracht hatte, hatte sie so schamlos ausgenutzt und seine Sicherheit hinter ihre eigenen Wünsche gestellt. Vom eigenen Egoismus angewidert senkte Ellis den Blick.
„Ich finde deine Arbeit nicht schlimm, Emrys, denk das nicht.“ Das fehlte gerade noch, dass er sich über sein Lebenswerk schämte. „Und vielleicht kriegst du diese Position nicht, aber…“,, ja, aber was? Wieso sprach sie überhaupt davon? Es spielte keine Rolle ob er die Stelle bekam oder nicht. Er war eine Person der Öffentlichkeit, aber viel wichtiger war: er war ein herzensguter Mensch. Und sie dürfte ihn niemals in ihr eigenes Elend ziehen. Sie hatte nicht besonders viel Ahnung von Politik, aber dass man nicht Gouverneur wurde so wie man sich früher durch ein paar leere Versprechungen zum Klassensprecher wählen ließ, das war auch ihr klar. Der Weg dorthin war steinig, mit Hindernissen und Opfern verbunden. Und niemand arbeitete so lange so hart um dann nur Gouverneur zu werden. In Amerika peilte man den Mond an, dann würde man, selbst wenn das nicht klappte, noch immer unter den Sternen landen. Wenn es also nicht das Weiße Haus war, dann der Senat. Oder irgendeine andere, große Instanz, die die weißen Männer so zahlreich besiedelten. „Die Wahrheit ist… Ich kann dir nicht… Du weißt nicht…“ stammelte sie fort, sie, die doch sonst vor Eloquenz nicht wusste wohin mit all den Worten. Ihre Hände umgriffen die Kante der Anrichte, suchten dort Halt und Hilfe und fanden beides nicht. „Ich bin nicht die für die du mich hältst. Und ich könnte dir niemals im Weg stehen bei deinem… bei… dem hier…“ Sie machte blind eine Geste in das Loft hinein. „Es tut mir Leid.“ Sie machte ein paar Schritte rückwärts, blickte Emrys mit einem verräterischen Schimmern in den Augen an. „Ich wäre dein politisches Ende.“ Sie schluchzte und griff ihre Hose, die einen Meter neben ihr auf dem Boden lag und versuchte sie ungelenk anzuziehen. Sie musste hier weg, raus aus dem Loft und weit weg von ihm bevor sich die Teufelsschlingen ihrer Vergangenheit auch um ihn legen würden.
Sie wagte es nicht Emrys noch einmal direkt anzuschauen, das würde sie nicht überstehen. „Es tut mir Leid, es tut mir so Leid“, wimmerte sie stattdessen und suchte, so zittrig auf den Beinen, ihre restlichen Sachen. Dabei schlich sich eine zu vertraute und doch so weit entfernte Angst zurück in ihr Bewusstsein. Was, wenn er wütend wurde? Was, wenn er in den letzten Augenblicken festgestellt hatte was für eine Enttäuschung sie war? Aber das da war nicht ihr letzter Ehemann, das war Emrys. Emrys war kein schlechter Mensch. Der Mann der da vorn stand würde nicht die Hand gegen sie erheben. Aber woher wollte sie das so genau wissen?
Von den Geistern der Vergangenheit eingeholt mischten sich die Gedanken in die schiere Unkenntlichkeit, die aufkeimende Angst übernahm die Steuerung ihres Verstandes. Sie blickte zur Haustür des Lofts, um dorthin zu kommen müsste sie unweigerlich an Emrys vorbei. Und egal wie sehr ihr eigentliches Wissen dagegen ging, dass Emrys sie in diesem Moment nicht grün und blau prügeln würde - die Panik war omnipräsent. „Es tut mir Leid, dass ich dich enttäuscht habe“, fiel die Stimme beinahe mechanisch aus, als wäre das nicht mehr wirklich sie die hier sprach sondern irgendeine dritte Person. Ihr Blick wurde glasiger, abwesend. „Ich möchte gehen“, fiel der Wunsch hingegen sehr leise aus, leise hoffend, dass er es ihr zugestand.
Binnen weniger Sekunden brach das schöne Kartenhaus in sich zusammen, das sie so sorgsam und vorsichtig errichtet hatten. Um die Wahrheiten, Tatsachen und Gegebenheiten herum, die als Fundament hätten dienen sollen. Kein Wunder also, leider, dass es keinen Bestand haben konnte. Der Tornado der Wahrheit wehte die Karten durcheinander, hinterließ Chaos und Zerstörung. Dass sie weinte erschreckte Ellis selbst, ein handfestes Indiz dafür, wie schnell der Schmerz sie zerriss und zu verzehren drohte. Gouverneur. Wieso? Warum? Hätte er nicht einfach irgendein Finanzhai von der Wall Street sein können? Oder ein Immobilienmogul? Von ihr aus auch ein Kardashian. Wieso ausgerechnet eine Figur in der Öffentlichkeit, die die Presse am liebsten Schicht für Schicht auseinander nahm? Wo jedes Blatt umgedreht wurde und kein Geheimnis ein solches blieb? Wo auf einmal Ton- und Bildmaterial auftauchte das Situationen bezeugte, die man für vergessen gehalten hatte? Momente die so fatal waren und wieder werden könnten.
Die entschuldigenden Worte aus Emrys Mund, die Verzweiflung die in seinem Gesicht geschrieben stand und mit jedem Atemzug greifbarer wurde, zerrissen Ellis das Herz.
Hätte er es ihr sagen sollen? War das nicht genau ihr Spiel gewesen? Genau das eben nicht zu tun? In stillem Einverständnis waren sie Fremde geblieben und es hatte ihnen in die Karten gespielt, ansonsten wären sie nie bis zu diesem Punkt gekommen. Dann hätte Ellis ihn niemals außerhalb des Pubs getroffen, hätte nicht die Weichen so gestellt, dass sie jetzt genau hier standen - vor dem Aus, noch bevor es überhaupt richtig begonnen hatte?
Sie wollte etwas sagen. Sie musste etwas sagen. Aber nicht nur, dass ihre Kehle zugeschnürt wirkte, sie wusste nicht einmal was sie sagen könnte. Wobei, machte das einen Unterschied? Stumm flossen die Tränen über ihre Wangen während sie Emrys Satzfetzen zuhörte, ihr Verstand hingegen lief Amok, überflog alle Möglichkeiten, wägte ab welcher Schaden schon entstanden war, welchen davon man nicht mehr beseitigen konnte.
Ellis, rede mit mir. Als hätte man sie aus einem tiefen Schlaf ruckartig geweckt zuckte Ellis kurz zusammen und schnappte nach Luft. „Dir muss nichts Leid tun“, begann sie leise und strich sich mit dem Handrücken die Tränen von der Wange, umrundete die Küchenzeile und kam gegenüber von Emrys wieder zum Stehen, die Zeitung wie ein Mahnmal zwischen ihnen noch immer ausgebreitet. „Wenn, dann muss ich mich entschuldigen.“ Aber in ihren Worten lag nichts Versöhnliches, kein Schwamm drüber und schon gar keine Hoffnung. Sie räusperte sich um ihrer Stimme wieder mehr Volumen geben zu können. „Wir haben beide gedacht Dinge zu verheimlichen wäre gut und richtig“, wollte sie zumindest diesen Teil einräumen, denn abseits davon, war nicht er derjenige der hier zu Kreuze kriechen musste. Sie hatte doch gewusst, dass sie ihn niemals mit sich und ihrer Vergangenheit hätte belasten dürfen. Sie, und nur sie, war dafür verantwortlich, dass sich nun zwei gebrochene Herzen in diesem Loft befanden. Das Vertrauen das er ihr entgegen gebracht hatte, hatte sie so schamlos ausgenutzt und seine Sicherheit hinter ihre eigenen Wünsche gestellt. Vom eigenen Egoismus angewidert senkte Ellis den Blick.
„Ich finde deine Arbeit nicht schlimm, Emrys, denk das nicht.“ Das fehlte gerade noch, dass er sich über sein Lebenswerk schämte. „Und vielleicht kriegst du diese Position nicht, aber…“,, ja, aber was? Wieso sprach sie überhaupt davon? Es spielte keine Rolle ob er die Stelle bekam oder nicht. Er war eine Person der Öffentlichkeit, aber viel wichtiger war: er war ein herzensguter Mensch. Und sie dürfte ihn niemals in ihr eigenes Elend ziehen. Sie hatte nicht besonders viel Ahnung von Politik, aber dass man nicht Gouverneur wurde so wie man sich früher durch ein paar leere Versprechungen zum Klassensprecher wählen ließ, das war auch ihr klar. Der Weg dorthin war steinig, mit Hindernissen und Opfern verbunden. Und niemand arbeitete so lange so hart um dann nur Gouverneur zu werden. In Amerika peilte man den Mond an, dann würde man, selbst wenn das nicht klappte, noch immer unter den Sternen landen. Wenn es also nicht das Weiße Haus war, dann der Senat. Oder irgendeine andere, große Instanz, die die weißen Männer so zahlreich besiedelten. „Die Wahrheit ist… Ich kann dir nicht… Du weißt nicht…“ stammelte sie fort, sie, die doch sonst vor Eloquenz nicht wusste wohin mit all den Worten. Ihre Hände umgriffen die Kante der Anrichte, suchten dort Halt und Hilfe und fanden beides nicht. „Ich bin nicht die für die du mich hältst. Und ich könnte dir niemals im Weg stehen bei deinem… bei… dem hier…“ Sie machte blind eine Geste in das Loft hinein. „Es tut mir Leid.“ Sie machte ein paar Schritte rückwärts, blickte Emrys mit einem verräterischen Schimmern in den Augen an. „Ich wäre dein politisches Ende.“ Sie schluchzte und griff ihre Hose, die einen Meter neben ihr auf dem Boden lag und versuchte sie ungelenk anzuziehen. Sie musste hier weg, raus aus dem Loft und weit weg von ihm bevor sich die Teufelsschlingen ihrer Vergangenheit auch um ihn legen würden.
Sie wagte es nicht Emrys noch einmal direkt anzuschauen, das würde sie nicht überstehen. „Es tut mir Leid, es tut mir so Leid“, wimmerte sie stattdessen und suchte, so zittrig auf den Beinen, ihre restlichen Sachen. Dabei schlich sich eine zu vertraute und doch so weit entfernte Angst zurück in ihr Bewusstsein. Was, wenn er wütend wurde? Was, wenn er in den letzten Augenblicken festgestellt hatte was für eine Enttäuschung sie war? Aber das da war nicht ihr letzter Ehemann, das war Emrys. Emrys war kein schlechter Mensch. Der Mann der da vorn stand würde nicht die Hand gegen sie erheben. Aber woher wollte sie das so genau wissen?
Von den Geistern der Vergangenheit eingeholt mischten sich die Gedanken in die schiere Unkenntlichkeit, die aufkeimende Angst übernahm die Steuerung ihres Verstandes. Sie blickte zur Haustür des Lofts, um dorthin zu kommen müsste sie unweigerlich an Emrys vorbei. Und egal wie sehr ihr eigentliches Wissen dagegen ging, dass Emrys sie in diesem Moment nicht grün und blau prügeln würde - die Panik war omnipräsent. „Es tut mir Leid, dass ich dich enttäuscht habe“, fiel die Stimme beinahe mechanisch aus, als wäre das nicht mehr wirklich sie die hier sprach sondern irgendeine dritte Person. Ihr Blick wurde glasiger, abwesend. „Ich möchte gehen“, fiel der Wunsch hingegen sehr leise aus, leise hoffend, dass er es ihr zugestand.