I like the way I can't keep my focus
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#1


I like the way I can't keep my focus
,   Ellison King,   Emrys Westbrook
am 11.01.2021


I like the way I can't keep my focus
I had time to think it over
and all I can say is come closer

Die Feiertage waren überstanden, das neue Jahr eingeläutet und der Alltag hatte sie alle zurückgewonnen. Die Dekorationen wieder sachgerecht verräumt, dominierte nun statt Geschenkwünschen, Weihnachtsessen und dem Abstimmen allerlei Terminen vor allem ihre Arbeit - oder zumindest sollte es so sein. Denn statt sich auf ihr Buch zu konzentrieren, das in den letzten Zügen lag und den Lektoren bereits vorlag, hatte sich eine andere, neue und fremdartige Priorität in ihre Kopf geschlichen. Emrys, den sie seit dem Treffen in Harvard nicht noch einmal gesehen hatte, wurde plötzlich zum Gegenstand ihrer Gedanken, in skurrilen Situationen kam in Ellis der Impuls auf seinen Scherz zu machen, von dem sie vermutete, dass Emrys einsteigen oder belachen würde.
Eine seltsame, frühe Form der Intimität, die Ellis das letzte Mal in Studienzeiten erfahren und die einen eindeutigen Ausgang genommen hatte. Sich überhaupt auf ein Gefühl einzulassen, das in diese Richtung ging war vollkommen befremdlich, gleichsam bedrohlicher Natur für die Autorin, die, wenn es in Richtung Nähe ging, lieber den Sicher ist sicher Ausweg gewählt hatte. Jedes mahnende Gefühl wurde mit allen Perspektiven, die dieser Kontakt mit sich brachte, immer wieder schnell von ihr geschoben. Ein trauriges Relikt ihrer Vergangenheit.

Die eisige Luft, die über New York City hing, schien all die Abgase und schlechten Gerüche eingefangen zu haben. Jeder Atemzug stach in der Lunge und wirkte dennoch belebend, das Thermometer hatte die Plusgrade bis vorhin jedenfalls nicht geknackt, als Ellis ihr Hotel verlassen hatte um sich die Füße zu vertreten.
Ärgerlich, dass sie überhaupt hatte einchecken müssen, doch die Nachricht, dass ihr geschäftlicher Termin auf den Folgetag verschoben worden war, hatte sie erst erreicht als sie bereits in Manhattan angekommen war. Und nun den Rückweg antreten um morgen erneut zurück in den Big Apple zu kommen machte wenig Sinn. Eine Auszeit von zu Hause war ohnehin nicht verkehrt, etwas anderes sehen und sich von der Metropole inspirieren lassen, bis ihre Sinne überreizter waren als die eines Kleinkindes bei Toys’R’Us.
Der Hudson River rauschte mit unnachgiebiger Gewalt durch sein Flussbett, das Rauschen erfüllte die Ohren der Autorin und ließ kaum Raum für die übliche Geräuschkulisse, die die Stadt sonst mit sich brachte. Der Verkehr, Sirenen, Stimmengewirre. Das Knarzen von Fahrrädern und Rollen auf den Wegen neben einem, das Stapfen von eifrigen Joggern, das Bellen von Hunden und der betäubende Lärm von schreienden, quengeligen Kindern, deren Wangen und Nasen in der frostigen Luft tiefrot angelaufen waren.
Die Spielplätze, die sie passierte, waren wie ausgestorben. Vermutlich wären die zarten Kinderhände einfach an den Ketten der Schaukeln festgefroren, doch der sanfte Nebel ließ sie Spielgeräte nun wirken wie Requisiten eines Horrorfilms. Geleitet von einem einfachen, naiven Instinkt nach alten Zeiten steuerte Ellis einen der vereinsamten Spielplätze an und ließ sich auf einer der Schaukeln nieder, das Gerüst knackte unter dem neu aufgelegten Gewicht leise auf.
Mit leicht schwingender Beinbewegung setzte sich die Schaukel leicht in Bewegung, damit Ellison nicht an Ort und Stelle einfror, dennoch zog sie sich die Handschuhe aus und zog ihr Handy aus der Manteltasche.
“Komm schaukeln“ waren die einzigen Worte, die sie in den übersichtlichen Chatverlauf aus Weihnachtswünschen und einem obligatorischen, kitschigen Bild zum Neujahr mit Emrys ausgetauscht hatte, seit sie ihm ihre Nummer in Harvard anvertraut hatte. Es folgte lediglich ihr Standort und kurz darauf noch ein “Wenn du dich traust“. Ellison rechnete nicht damit, dass Emrys wirklich hier auftauchen würde, doch sie konnte der Versuchung nicht länger widerstehen ihm zu schreiben, wenn sie schon in seiner Heimatstadt war. Sie hatten sich ja nun oft genug in ihrem Territorial gesehen, vielleicht hatte er ja tatsächlich Zeit. Ein nervöses Kribbeln setzte ein, plötzlich ausgelöst durch die Sorge, dass er gar nicht antworten oder ihr absagen würde. Es war erst früher Nachmittag, womöglich arbeitete er auch noch oder war gar nicht im Land. Aber dann wiederum… das Schicksal hatte ihnen schon das ein oder andere Mal auf die Sprünge geholfen.
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I like the way I can't keep my focus - von Ellison King - 26.05.2022, 08:35

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