forgive and forget
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#8


forgive and forget
,   Gast,   Gast
am 14.12.2018


Emilio wusste es nicht. Benito wusste es nicht. Keiner von ihnen konnte diese Frage beantworten und diese Tatsache machte Benito beinahe wahnsinnig. Es war frustrierend. Es ergab keinen Sinn. Es machte ihn wütend. Während Emilio sich auf das Bett sinken ließ und völlig erledigt wirkte, starrte Benito ihn eindringlich an. Als erwartete er – hoffte er – da würde noch irgendeine Erklärung kommen. Er starrte irgendwann durch seinen Freund hindurch und atmete schwer aus, als würde er großen Druck ablassen müssen. Langsam richtete Benito sich wieder auf und legte seine Hand an sein Gesicht. Er versuchte sich zu sammeln und zu beruhigen, er wollte irgendwie logisch und bedacht an diese Sache herangehen, auch wenn das schon längst zu spät war. Der Versuch runterzukommen schlug auch ziemlich viel, denn sein Herz raste und es machte immer wieder einen unangenehmen, holprigen Satz in seiner Brust.
Nun setzte Emilio wieder zu Reden an und Benito hörte ihm zu, während er seine Hand in seinen Nacken legte und auf seinen Lippen herumkaute. Dieses Mal sah er den Älteren nicht an, sondern sah mit leerem Blick zu seinem Schreibtisch, um dort nichts bestimmtes ins Auge zu fassen. Eines was Emilio sagte, traf Benito ganz besonders schlimm. Vielleicht war Arian nie so wie wir dachten. Die vielen Momente, die sie zusammen verbracht hatten. Die Momente in denen er geglaubt hatte ihn zu kennen. Da war der Morgen, als er zum ersten Mal bei Arian übernachtet hatte und sie sich wieder versöhnt hatten, weil keiner von ihnen den Streit ausgehalten hatte. Der Abend auf dem Jahrmarkt, an dem sie sich zum ersten Mal geküsst hatten. Sein Herz hatte ihm bis zum Hals geschlagen und Benito hatte sich nie derart beflügelt gefühlt, wie an diesem Tag. Es hatte so viele Gespräche zwischen ihnen gegeben, an denen Arian ihm so viel anvertraut hatte. Auch Benito hatte sich ihm anvertraut. Er hatte ihm Dinge über sich Preis gegeben, die niemand von ihm wusste. Die Vorstellung, Arian könnte ihm das alles bloß vorgemacht haben … aus welchem Grund auch immer … ein schweres Gefühl legte sich auf seine Brust und drohte ihn zu ersticken. Benito fühlte sich verraten und hintergangen. Noch mehr als zuvor.

Kraftlos sackte auch er vor seiner Zimmertür zusammen. Benito rutschte an ihr gelehnt hinunter auf den Boden. Die Beine angewinkelt, legte er die Hände auf die Knie und starrte sie mit leerem Blick an. „Zumindest hat er darüber keine Lügen erzählt“, sagte er mit schwerer Stimme, als Emilio auf die Gummibärchen zu sprechen kam. Er bemerkte aus dem Augenwinkel, dass sein Freund ihm die Tüten zuschob, aber er hob nicht den Kopf. Stattdessen legte er sein Gesicht in seine Hände. „Mein Geburtstag ist mir so scheiß egal“, drang seine Stimme gedämpft durch seinen Händen hervor. Den hatte er ohnehin allein in seinem Zimmer verbracht. Oft fuhren er und seine Familie an diesem Tag weg, besuchten eine ihrer Yachten oder ihrer Häuser, aber sie hatten Benito nicht motivieren können. Er hatte lediglich den Briefkasten aufgesucht, so wie er es immer tat, um die Postkarte seiner Mutter einzusammeln und hatte dann fast nur noch im Bett gelegen. Seine Großeltern und Claudia und Andrea hatten ihn mit Kuchen hier aufgesucht und sie hatten hier zusammen Kaffee getrunken, aber zu mehr hatte Benito sich nicht hinreißen lassen.
Emilios Erklärung machte das Gefühl in seiner Brust nur noch schwerer. Er war immer sein Halt gewesen. Derjenige auf den er sich hatte verlassen können. Der Ältere war der Mensch, der ihn aus seinem Trott herausholte, ihn gleichzeitig aber auch nicht versuchte zu ändern, sondern so akzeptierte wie er war. Die letzten Wochen ohne ihn und in dem Glauben, ausgerechnet von ihm verraten worden zu sein, waren grauenvoll gewesen. Aber Benito hatte Angst, sich wieder so zu öffnen. Es hatte ihm schwer geschadet und er wollte diese Gefühle nicht länger empfinden. Ihm wurde nur bewusst, wie sehr er ihn gerade an seiner Seite brauchte und dagegen war Benito machtlos.
Als er den Kopf aus seinen Händen hob, liefen Tränen über seine Wangen. Benito hatte nicht einmal selbst mitbekommen, wie sie in seine Augen getreten waren. Sie hatten sich einfach selbstständig gemacht. Schwer tropften sie über sein Kinn. „Emi …“, seine Stimme klang gebrochen und die Wut war aus ihm innerhalb weniger Minuten einfach verpufft und geblieben war nur pure Verzweiflung und Kummer. Als wäre er wieder auf Anfang. Er heulte so wie an dem Tag, als Arians Lüge über sie alle hereingebrochen war. Er fühlte sich so schrecklich. „Wieso hat er das gemacht?“ Nicht nur der Streit auf dem Schulhof und die Lügen, auch die augenscheinlichen Lügen ihm gegenüber. Es konnte doch alles nur eine Lüge gewesen sein oder nicht? Sie hatten beide keine Antwort darauf, aber er musste diese Frage dennoch noch einmal aussprechen. Weil Benito gerade seinen besten Freund brauchte.
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forgive and forget - von Emilio Cortés - 30.05.2021, 14:42
RE: forgive and forget - von Benito Medina - 03.06.2021, 09:56
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