Stay gold
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#9


Stay gold
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am 27.11.2018


Valerio bekam auf die eine - drängende - Frage, warum Arian so plötzlich für einen der unwichtigsten kleinen Nerds ihrer Schule (aka Benito) einstand, keine Antwort. Oder Antwort genug, aber keine klar ausgesprochene. Es war viel leichter zu verstehen, dass Emilio etwas dagegen hatte, wie Valerio Benito behandelte. Die beiden waren immerhin Freunde. Auch wenn Valerio diese Freundschaft immer ungewöhnlicher fand, je besser er Emilio kennen lernte. Benito und Emilio schienen einfach komplett unterschiedlich zu sein - dass Emilio in der Schule so unauffällig war lag lediglich daran, dass er gefühlt 95 Prozent der Zeit in stealth mode unterwegs war. Natürlich konnte das genauso gut auf Benito zu treffen. Aber durch die gemeinsame Kirchengemeinde ihrer Familie kannte Valerio Benito tatsächlich schon länger, als er mit Emilio oder sogar Arian zur Schule ging. Und Benito war immer schon irgendwie weird gewesen.
Die Art von weird, über die sich Valerio (und Arian!) lustig machten, die aussagte wer zu den Beliebten in der Schule gehörte und wer eben nicht. Das war immer so gewesen, auch wenn es durchaus stimmte, dass Valerio stets der eher aktive Teil gewesen war und Arian so etwas wie sein gloomy Bodyguard. Der, der immer daneben stand und bei dem es richtig brenzlig wurde, wenn er tatsächlich Mal eingriff. Die beiden gehörten zusammen und das wusste alle Welt. Sicher sammelten sich auch deswegen mehr und mehr Menschen um sie herum an, um dem Wortaustausch zu folgen. Unglauben und Sensationslust - aber niemand ging dazwischen. Valerio nahm die Umstehenden kaum war. Er war viel zu sehr damit beschäftigt zu verbergen, wie sehr er sich verletzt fühlte und den Schmerz in Wut umzuwandeln. In ein 'ich habe aber Recht' und - ja - in so etwas wie eine Zurechtweisung für Arian. Er wollte, dass Arian zugab nicht im Recht zu sein. Irgend so etwas. Aber das passierte nicht. Arian leistete Widerstand gegen Valerio und das drückte sich nicht nur in seinen Worten, seine Körpersprache war viel deutlicher. Als wären die - sogar irgendwie noch vanilla - Beleidigungen gegen Benito etwas gewesen, das eine Grenze überschritten hatte und Arian irgendwie persönlich treffen konnten.
Valerio nannte Benito immer so! Und wenn er sich herausnahm zu bestimmen was Arian tun sollte oder nicht, dann weil er sein bester Freund war und auf ihn aufpasste. Arian konnte unmöglich wirklich meinen, was er hier gerade mehr und mehr zum Ausdruck brachte. Es war ein Fehler, eine Fehlinterpretation. Und Valerio konnte ihm noch helfen bevor er wirklich etwas sagte, dass er bereuen würde. Zudem vor einer Menschenmenge, die inzwischen gefühlt den halben Pausenhof umfasste.

Was wirklich den Ausschlag gab war dieser Ausdruck auf Arians Gesicht. Dieser Wille Benito zu beschützen. Die Zuneigung, von der Valerio nicht mehr sicher war, ob sie die ganze Zeit dort gewesen und er sie nur nicht bemerkbar gemacht hatte. Es war natürlich nur eine Vermutung, aber sie wurde mit jedeme einzelnen Wort sehr viel konkreter. Statt einfach zu fragen oder nach ruhigeren Worten zu suchen, die eine Eskalation hätten verhindern können, tat Valerio das Gegenteil. Er provozierte. Er wurde persönlich. Er legte eine Gehässigkeit in seine Stimme, der niemals geglaubt hatte gegenüber Arian empfinden zu können. Er wollte, dass Arian sich schlecht fühlte. Und vor allem, dass Arian ihm sagte: 'Nein, Valerio, du irrst dich. Benito Medina bedeutet mir nichts. Und vor allem nicht das.'
Tatsächlich sagte Arian ihm das. Aber anders - ganz anders - als Valerio sich das vorgestellt hatte.
Es waren beinahe zu viele Dinge auf einmal - und keine kleinen Nadelstiche, sondern so etwas wie große Hammerschläge. Wie eine Flut, die Valerio nicht mehr aufhalten konnte, weil er sie nicht rechtzeitig eingedämmt hatte.
Valerio brodelte, er war kurz vor dem Explodieren, Arian blieb im Gegensatz dazu beinahe erschreckend ruhig. Valerio hängte sich für ein paar Momente an den Worten 'hässlicher Charakter' auf, unfähig zu verstehen, warum Arian so etwas über ihn sagen würde und - noch schlimmer - auch so meinte. Aber er meinte es so, ganz eindeutig. Valerios Gesichtsausdruck wurde kühler und seine Muskeln spannten sich an. Er ruinierte Arians Leben. Die Flut war da und für einen lächerlichen Moment glaubte Valerio tatsächlich, dass es nicht mehr schlimmer kommen konnte. Dass er nur irgendwie das hier überstehen musste ohne das Gesicht zu verlieren und dass es dann vorbei sein würde. Was auch immer das bedeutete.

Aber es gab mehr - Arian schonte ihn nicht. Und Benito Medina wurde auf einmal zum unwichtigsten Teil dieser ganzen Unterhaltung.

Zuerst stolperte Valerio Gehirn unangenehm über den Namen 'Emilio' mitten in dieser geladenen Unterhaltung. Es war nicht so, dass Valerio nicht an den Cortés gedacht hatte. Aber das konnte Arian unmöglich wissen. Dann sickerte die Bedeutung von Arians Worten zu Valerio durch und es war, als würde die Luft aus dem Raum gesaugt werden, obwohl sie sich unter freiem Himmel gegenüber standen. Valerio wurde schlecht. Er sollte Arian zum Schweigen bringen, irgendwie, aber seltsamerweise stellte Valerio fest, wie er jedem einzelnen Wort zuhörte. Jedem Detail. Bilder formten sich in Valerios Kopf und zu ihnen gesellten Scham und die Erkenntnis, dass Arian Recht hatte. Es ergab so viel Sinn. Die Nachhilfe. Sogar, dass Arian Benito verteidigte, so wie Emilio Benito schon vor Valerio verteidigt hatte. Außerdem war Arian genau Emilios Typ. Und vermutlich kein hässlicher Charakter. Und vor allem er wohl auch noch nie vor lauter Scham darüber nackte Männer zu mögen aus einem Raum gestürmt. 'Wir reden nicht darüber' gab es bei Arian definitiv nicht, Arian hatte über all das hier vermutlich schon mit Emilio geredet. Auf diese Art die er hatte, bei der jedes Wort zu Sonnenschein werden konnte.
An Emilio traute Valerio sich nicht einmal zu denken. Nicht wirklich. Normalerweise brachte Emilio - sogar der Gedanke an ihn - etwas in Valerio zur Ruhe, besänftigte es. Aber was auch immer es war: im Moment war es nicht mehr ruhig und nicht mehr sanft. Immer wieder kehrten seine Gedanken zurück zu Emilio und Arian und ihrem 'Biologieunterricht'. Allein, dass Arian Emilio auch nur berührte… ansah… so kannte wie Valerio glaubte nur er ihn gekannt hatte.
Das Gefühl war dunkel und rau wie die Eifersucht vorhin, nur schärfer an den Kanten, verletzend. Etwas, das sich zu tief in ihn bohrte. Valerio war sich nicht mehr sicher, ob er hier grade Arian oder Emilio verlor oder vielleicht beide - und er war sich auch nicht ganz sicher, was von beidem schlimmer war. Nur der Schmerz, der war sehr real. Wenn er Arian alledingseines nicht geben wollte, dann die Blöße das im vollen Ausmaß zu zeigen. Zumindest das nicht.
"Lügner!", fauchte Valerio. Es war die kleinste mögliche Erwiderung. Sie schien Arian nicht zu stoppen. "Erzähl mir nich mein Charakter wäre das Problem. Das Problem hast ganz offensichtlich du.", jetzt war es Valerio der lachte, rau und irgendwie ungläubig, während eigentlich immer noch nicht genügend Luft zum Atmen vorhanden war. Aber er stellte fest, dass er ziemlich gut hierin war. Wer brauchte schon luft? "Du lässt dir von Emilio den Schwanz lutschen, damit es dir besser geht und du nicht mehr rumheulen musst wie gemein die Welt zu dir ist? Schwuchtel!" Auf Valerios Gesicht war eine Art Grimasse zu sehen, er wusste nicht ob Arian oder irgendjemand sonst das Zittern in seiner Stimme gehört hatte. Aber for good measure spuckte er dem anderen sogar vor die Füße, angewidert.
Aber es hörte nicht auf. Valerios Worte verwandelten sich nicht einfach magisch in Wirklichkeit. Stattdessen traf Arian so ziemlich ins Schwarze. Valerio wurde nicht nur knallrot, als der Alarcón vor versammelter Schülerschaft erklärte Valerio würde keinen hochbekommen, da war dieser kleine Satz, der suggerierte, dass das bei Arian und Emilio deutlich besser funktionierte. Und das war zu viel - die Sicherungen brannten endgültig durch.
Valerio erwiderte nichts mehr. Keine Worte jedenfalls. Was er ausstieß war eine Art Zischen, ein seltsam animalischer Laut, bevor er einfach zuließ, dass Angst und Zorn und Scham etwas in ihm in Gang setzten, das er gar nicht mehr wirklich stoppen wollte. Wenn es das hier sein sollte, dann würde es das hier eben sein. Er war seltsam schicksalsergeben, auch wenn er durchaus noch realisierte, dass die Person, auf die er grade mit erhobenen Fäusten losging sein bester Freund war. Sein Blutsbruder. Oder zumindest gewesen war, denn das war jetzt eindeutig Vergangenheit.
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Nachrichten in diesem Thema
Stay gold - von Valerio Ibárruri - 21.05.2021, 20:47
RE: Stay gold - von Arian Alarcón - 21.05.2021, 21:44
RE: Stay gold - von Valerio Ibárruri - 26.05.2021, 15:27
RE: Stay gold - von Arian Alarcón - 27.05.2021, 12:17
RE: Stay gold - von Valerio Ibárruri - 27.05.2021, 14:07
RE: Stay gold - von Arian Alarcón - 27.05.2021, 15:12
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RE: Stay gold - von Valerio Ibárruri - 29.05.2021, 19:45
RE: Stay gold - von Arian Alarcón - 29.05.2021, 21:09
RE: Stay gold - von Benito Medina - 30.05.2021, 00:35
RE: Stay gold - von Arian Alarcón - 30.05.2021, 09:48

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