22.03.2024, 19:36 - Wörter:
Love comes slow and it goes so fast
, Gast, Emrys Westbrook
am 08.03.2021
am 08.03.2021
"Gilmore Girls?" fragte Emrys irritiert. Davon hatte er schon mal gehört... War das nicht irgendeine Serie? Er meinte, er hätte sich mal mit einer Schauspielerin unterhalten, die erwähnt hatte, dass sie in der Serie mitspielte. Eine Lauren oder so? Er war sich nicht sicher. Aber wenn sie in der Serie so schnell sprach wie in der Serie, dann war das mit Sicherheit keine leichte Kost. Er hatte sich vielelicht ihren Namen nicht gemerkt, aber ihre beeindruckende Wortzahl pro Minute, die war ihm auf jeden Fall im Gedächtnis geblieben. "Welches ist denn deine Lieblingsfolge?" Nipp, nipp. Die Tasse war bald schon wieder leer. "Und worum genau geht es da? Ich fürchte, ich habe keine Ahnung von diesen Girls. Sind das zwei Schwestern, die nach Yale und Harvard gehen?" Er hatte von den Animositäten und der Lagerspaltung natürlich etwas mitbekommen. Als Harvard-Student mit einer Yaley auszugehen war Gotteslästerung gleichgekommen. Nur interessiert hatte ihn das nie; zu fixiert war er auf sein Studium gewesen, zu ehrgeizig und verbissen, als dass er für diese Art von Streitigkeiten etwas Energie hatte abzwacken wollen.
Niedlich-süß im Verhalten also. Damit konnte er umgehen. Es wäre ja auch vermessen zu denken, dass sie einen alten Kerl wie ihn irgendwie sexy fand; aber das war auch keine Ebene, auf der sie miteinander umgehen würden und wollten. Emrys war dankbar für Christines Freundschaft, denn Freunde hatte er nun mal nicht viele, und einen Freund - bzw. eine Freundin - konnte er gerade wirklich gut brauchen. Vor allem in der Verfassung, in der er gerade war.
Moment, hatte sie gerade gesagt, im Bett mochte sie es herb? "Christine, ich will nicht wissen, was du damit im Detail meinst, okay? Deine Mutter würde mir sonst den Mund mit Seife auswaschen, wenn sie wüsste, worüber ich mit dir rede." Zwar verband ihn eher mit Christine als mit Elizabeth das freundschaftliche Band, mit dem Geburtstagskind war er eher oberflächlich auf High Society Art "befreundet", aber er hatte durchaus einen gesunden Respekt vor Christines Mutter.Und ganz ehrlich, wenn irgendso ein alter Kerl mit seiner Jungen Tochter über Sex reden würde, er würde den Kerl einen Kopf kürzer machen. Na ja, wenn er denn eine Tochter hätte.
Schwellungen? Er wusste nicht, dass er morgen welche haben würde. "Und die Maske hilft heute schon gegen die Schwellungen von morgen?" fragte er skeptisch. Wie sollte das denn funktionieren? Aber wenn, dann war das wirklich ein Trick, den er sich merken musste. "Innovativ", befand er und nickte. Über den morgigen Tag und seinen Zustand nach dem ganzen Champagner machte er sich jetzt keine Gedanken. Das war nur das kleinste Übel in seinem Leben, das gerade mit wenig Sonnenstrahlen aufzuwarten hatte. Er war im gefühlstechnisch in einem kalten, regnerischen November gefangen, und der Frühling schien in unerreichbarer Ferne.
Leider schien im Christine auch keine Antwort liefern zu können. Na klar, es gab kein Patentrezept, sich zu entlieben Das wäre ja zu einfach. Aber gäbe es ein Medikament dagegen, Emrys wäre der Preis egal. Und das nicht nur, weil er genug Geld hatte, sondern weil er nahezu alles tun würde, um den Schmerz endlich loszuwerden. Zwei Monate, war das nicht genug Leid und Schmerz? Wann hörte das denn endlich auf?
Er war dankbar, dass Christine die Maske auftrug, konzentriert arbeitete und ihm nicht in die Augen sah, während sie arbeitete. Die Maske fand er ja immer noch unangenehm, doch dieses Gefühl rückte in den Hintergrund, als Christine ihn fragte, ob Ellis die Eine gewesen war. "Ich habe nie geglaubt, dass es sowas überhaupt gibt. Die Eine. Das war mir immer wie völliger Blödsinn erschienen. Wenn jeder Mensch nur einen anderen Menschen hat, der perfekt zu ihm passt, dann wäre die Menschheit doch schon ausgestorben, oder? Aber..." Er atmete tief durch, atmete durch die Schmerzwelle. Machten Gebährende das auch so? "Aber wenn sie dann vor dir steht und dich umhaut... Und du weißt, dass du noch nie so für jemanden gefühlt hast und fühlen wirst." Erneut musste er eine Pause machen. Atmen. Christine war geduldig, ließ ihm Zeit. "Und dann ist im einen Moment alles perfekt, und im nächsten sagt sie dir, dass sie nicht mit dir zusammensein kann. Und geht." Er schloss die Augen, so war es einfacher, zu reden. Dann musste er Christine nicht ansehen, die ihm bestimmt einen mitleidigen Blick schenkte. Er hörte sich an wie ein liebeskranker Trottel, aber sie hatte ja gefragt. Sicherlich wusste sie ja auch, was er meinte, oder? Sie hatte ja immerhin jemanden genug geliebt, um ihn zu heiraten. Nicht so wie er, der sich immer nur verlobt und dann den Schwanz eingezogen hatte. Sie wusste also sicher, wie es sich anfühlte, die eine Person gefunden zu ahben, auch wenn sie dem Konzept grundsätzlich eher skeptisch gegenüberstand.
"Wie lange muss dass denn jetzt draufbleiben?" fragte er in dem jämmerliche Versuch, vom Thema abzulenken. Von seiner eigenen Jämmerlichkeit.