Love comes slow and it goes so fast
Zitieren Nach oben
#6


Love comes slow and it goes so fast
,   Christine Lowell,   Emrys Westbrook
am 08.03.2021


Im Normalfall konnte die richtige Gesellschaft mit Sicherheit die Laune heben. Doch diese Situation, in der Emrys sich befand, war für ihn alles andere als ein normaler Fall. Vom Kennenlernen, Zusammensein, sich Näherkommen und abserviert zu werden - nichts von dem, was er mit Ellis erlebt hatte, war normal gewesen. Vermutlich war da auch das Problem mit seinem Herzen: Es war nicht normal zerbrochen, kein unkomplizierter, alltäglicher Bruch. Vielmehr war der Bruch so ungewöhnlich, so vielschichtig und verzwackt, dass er einfach nicht heilen konnte. Wie jeden Tag seit knapp zwei Monaten war Emrys' Brust schwer und eng, er hatte das Gefühl, nicht frei atmen zu können, egal wie tief er Luft holte.
"Du bist mit Sicherheit die beste Gesellschaft, die ich heute finden kann", versicherte er ihr. Zwar hatte er nicht vor, ihr sein Herz auszuschütten, aber sie war jemand, den sie mochte und schätzte. Und das war gerade in seinen aktuellen Gefühlsgefilden unglaublich wertvoll. Er schätzte sie, und er empfand tatsächlich so etwas wie Freude darüber, sich mit ihr ein bisschen upzudaten, was bei ihr in letzter Zeit so los gewesen war. Insofern er Freude empfinden konnte, denn wie alle positiven Gefühle war die Freude gedämpft. Nur der Schmerz, der war nie gedämpft; den durfte er ungefiltert in voller Wucht genießen.
Wer hatte sich den Scheiß eigentlich so ausgedacht?

Christine ließ sich eine Lady Version seines Drinks mixen, und dann kamen sie Gott sei Dank aus diesem Trubel heraus. Weg von den Jägern und Jägerinnen, weg von leerem Smalltalk und hohlen, aufgesetzten Gesichtsausdrücken. Maneater... Der Begriff passte wohl ziemlich gut auf Violet. "Aber am allermeisten ist es doch traurig, oder nicht? Bei allem Mitgefühl für den Verlust ihres Mannes. Aber muss sie sich deshalb so ohne jegliches Selbstbewusstsein anbiedern? Und die Signale ignorieren, die sie ziemlich deutlich gesendet bekommt?" Das konnte Emrys nicht verstehen. War die Würde dieser Frau mit dem Körper ihres Ehemannes begraben worden? Aber warum?
Doch eigentlich konnte ihm das egal sein, zumindest heute Abend. Er hatte nicht vor, sich noch einmal mit Violet zu unterhalten, wenn er es verhindern konnte. Und dass er sich mit Christine erst einmal verziehen konnte, kam ihm nur gelegen, auch wenn es sicher nicht machbar war, sich den Rest des Abends irgendwo zu verstecken. Immerhin war sie die Tochter des Geburtstagskindes. Aber eine kleine Auszeit, das würde hoffentlich niemandem auffallen und seinen Akku füllen, bevor er sich für Runde Zwei in der Smalltalkhölle wappnen musste.
Immerhin schien es den marmornen Whirlpool tatsächlich zu geben. Warum hatte er eigentlich keinen Whirlpool in seinem Loft? Er könnte eins der Gästezimmer in einen kleinen Spa Bereich umwandeln, groß genug waren sie alle. Doch vermutlich war es einfacher, sich einfach hier im Hotel einzubuchen. Da war immerhin der Service direkt auch mit dabei, und so einen Whirlpool zu warten, war sicher nicht günstig. Er hatte gerade erst ein kleines Vermögen ausgegeben, um seinen Flügel zerlegen zu lassen, vielleicht war er diesen Monat verschwenderisch genug gewesen?

Emrys schlüpfte rasch in den ihnen Zuflucht bietenden Bereich, um nicht gesehen zu werden. Immerhin war die Presse mehr als scharf darauf, ihn endlich mit einer Frau abzulichten; fast schien es, als vermuteten die Papparazzi, er würde irgendwo eine Frau, Freundin oder Geliebte heimlich verstecken. Kaum lächelte er eine Frau an oder berührte ihren Arm, wurde ihm direkt eine Affäre angedichtet. Es war müßig. Als wäre er nur dann ein ernstzunehmender Mann und Politiker, wenn er vergeben war.
Doch die eine Frau, an die er sich wirklich vergeben hätte, die wollte ihn nicht. Oder war der Meinung, ihn nicht haben zu dürfen. Wie man es drehte, war einerlei; Fakt war, sie hatte ihn von sich gestoßen und hatte ihn zurück in die Untiefen des ewigen Singledaseins verbannt. Was im Grunde egal war, denn wenn er Ellis nicht haben konnte, dann wollte er auch keine andere. Punkt.
Immerhin gab es Chamagner, und die gute Neuigkeit war, dass Christine nicht nur nicht abgeneigt war, selbigen zu köpfen, sondern auch noch anbot, das Öffnen der Flasche zu übernehmen. Emrys ließ sie nur zu gerne gewähren; ihre Handgriffe sahen auch sehr routiniert aus. Den teuren Champagner aus Tassen zu trinken, das war nun wirklich ein Frevel, aber im Grunde war es Emrys egal. So, wie ihm fast alles egal war dieser Tage. Was spielte es für eine Rolle. Ein Gefäß war ein Gefäß, und solange die Tassen nicht undicht waren, eigneten sie sich für Champagner ebensogut wie eine dafür vorgesehene Kristallflöte.

"Cheers", erwiderte er und nippte an seiner Tasse. Der Champagner kitzelte ihn in der Nase, während er sich von Christine das Angebot des Spa Bereichs unterbreiten ließ. "Gesichtsmasken - was genau ist eigentlich so toll daran?" fragte er. Nicht, dass er schon mal eine genossen hatte; aber er verstand ja schon von vornherein den Sinn der Sache nicht. Wozu sich dann das Zeug erst ins Gesicht klatschen?
"Der Pool ist wirklich verlockend...", meinte er und trat näher an den Durchgang heran, hinter dem er den Pool matt im Licht leuchten sah, nachdem Christine einen Schalter betätigt hatte. "Aber ohne eigene Badehose geht das leider nicht." Allein bei dem Gedanken schüttelte er sich. Möglicherweise war das ein Spleen, aber Schwimm- oder Unterwäsche musste entweder bereits seine sein oder er sie selbst kaufen. Bekam er etwas in der Form geliehen oder geschenkt, konnte er die Sachen nicht tragen.
"Wirklich beeindruckend, Christine. Der Bereich ist wirklich toll geworden, ich werde ihn definitiv mal zum Testen vorbeikommen." Er lehnte sich an den Rahmen des Durchgangs, beugte sich vor, sah hinein. Der zartrosafarbene Marmor war von höchster Qualität, das erkannte er sofort. Er nahm einen weiteren Schluck aus seiner Tasse und spürte seinen Kopf etwas leichter werden; sein Herz dagegen wog immer noch schwer wie Blei in seiner Brust. Das schien Christine nicht zu entgehen, denn sie bot ihm an, sich ihr zu öffnen. Er schnitt eine Grimasse und ging ein paar Schritte durch den Raum, warf einen Blick in die großzügige Saunakabine auf der anderen Seite des Ganges. "Vor dir kann ich es nicht verbergen, was", sagte er mit matter Stimme und wich ihrem Blick aus. Wenn schon jemand hinter seine Fassade blickte, so war er froh, dass es Christine war.
In PDF umwandeln Zitieren Nach oben


Nachrichten in diesem Thema
RE: Love comes slow and it goes so fast - von Emrys Westbrook - 11.03.2024, 21:50

Gehe zu:


Benutzer, die gerade dieses Thema anschauen: 6 Gast/Gäste