I like the way I can't keep my focus
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#33


I like the way I can't keep my focus
,   Ellison King,   Emrys Westbrook
am 11.01.2021


Was weiß ich nicht? Alles, war die simple Antwort auf dieses komplexe Thema, mit der Emrys nichts hätte anfangen können. Er wusste nicht das Geringste über sie und schon gar nicht wieso sie nicht der Mensch war für den er sie hielt. Bei Gott, innerhalb weniger Sekunden gab ihr in Angst geschnürter Verstand ihr einen Abriss davon, was passieren würde wenn sie bei ihm blieb. Dann würden die Medien die Frau an seiner Seite Schicht für Schicht auseinander nehmen, politische Gegner setzte ihre besten Leute darauf an die Leiche im Keller zu finden, die in ihrem Fall nicht im Geringsten metaphorisch war, wenn auch nicht in ihrem Haus physisch auffindbar. Und dann? Das wäre es für ihn gewesen, dann hätte sie sein Leben zerstört, seine Karriere, seinen Traum. Und das würde sie niemals über ihr Herz bringen. Wenn sie ihm nur sagen könnte was er verdiente zu wissen, eine handfeste Erklärung? Aber ihre Kinder. Sie durfte nicht, nein, konnte nicht zulassen, dass ihre Kinder in den Strudel des Elends gerissen wurden. Als ob es nicht reichte, dass sie ihr Leben lang von Ellis belogen worden waren, ein Geheimnis, das ständig und stetig von ihr zehrte, sie zerfraß. Und sie gedachte nicht irgendwem anders diese Wahrheit als Laster aufzubürden, unter der man zu ersticken drohte. Tag für Tag und Jahr um Jahr, egal wie lang das nun schon her war, egal wie verdient vielleicht sogar… Und als hätte er ihre Gedanken gelesen sprach er genau aus, was sie sie so gern hören wollte. Egal was sie getan hatte. Das war leicht zu sagen wenn man nicht wusste, woran sie die alleinige Schuld trug.

Verzweifelt fuhr sich Ellis mit den Händen durch die blonden Locken, griff hinein und riss leicht daran um die eigenen Gedanken dazu zu zwingen sich zu fokussieren. Schmerz war, was das anging, erstaunlich hilfreich, bremste alle unnötigen Dinge und ließ dem Körper keine Wahl als neue Prioritäten zu setzen.
Wie hatte das nur so schnell eine so dramatische Wendung nehmen können? Die ganz einfache Tatsache, dass sie sein politisches Ende war, schob seinen verzweifelten Versuchen sie umzustimmen einen Riegel vor. Ellis erschrak sichtlich unter der Intensität seiner Stimme, der Lautstärke. Ein wütender Mann, das wusste sie aus bitterster Erfahrung, war das gefährlichste was ihr passieren könnte. Und genau das hatte sie getan, oder nicht? Ihn enttäuscht und damit wütend gemacht.
Ihre Muskeln spannten sich an und dennoch zitterten ihre Finger, wahren sich der mutmaßlichen Gefahr gewahr. Vielleicht war da auch keine, aber wenn, ja wenn… Ihre vorsichtigen Worte schienen Emrys zu verwirren, Ellis schaffte es kaum seinem Blick standzuhalten. Das in seinen braunen Augen geschrieben stehende Leid war wie eine Keule, die man ihr ungebremst ins Gesicht schlug. Sie hatte ihn ausgenutzt, hatte ihn wissentlich in die Falle laufen lassen und ihn so sehr verletzt. Ihre aufgesammelten Sachen hielt Ellis fest umklammert vor dem Oberkörper, sah von Emrys aus zur Haustür und wieder zurück. Natürlich durfte sie gehen. Das sagte er so. Meinte er das ernst? Oder war das ebenso eine Falle? Das konnte nicht sein, durfte nicht sein aber was wusste sie schon?
Und dann, als er noch einmal ihren Namen nannte, sah sie wieder zu ihm auf. Vielleicht war es seine Tonlage, vielleicht auch Emrys Gesichtsausdruck, der so verletzt und verletzlich zugleich schien. Warme Tränen perlten erneut über ihre Wangen, ein Ausdruck davon, dass es um ihr Herz nicht besser stand als um seins. Die Verzweiflung jedoch, die in ihrem Einzug gehalten hatte, blieb aus. Noch. Zu sehr standen ihre Zeichen auf Flucht; aus diesem Loft und dieser Situation hinaus. Weg, weit weg, so weit weg, dass er sie nie wiederfinden würde.

Ich liebe dich, Ellis. Stille zwischen den Beiden, Ruhe die zu schreien schien, ein schrilles Kreischen, das sie zu verschlingen drohte. War es das? Liebe? Erinnerungen an ihre Treffen keimten in Ellis auf. Wann auch immer er sie angeblickt und gelächelt hatte, hatte sie sich gefühlt als würde die Sonne sie von allen Seiten treffen. Sie hatten miteinander gelacht, da war blindes Vertrauen gewesen, eine tiefe Verbundenheit, die sie sich nicht hatte erklären können. Als hätte man zu dem Puzzle, an dem man seit Jahren arbeitete, endlich das letzte Teil gefunden. Und nun hatte jemand das fertige Meisterwerk auf den Boden geworfen, wo es in alle Einzelteile brach. Und diese Person war sie selbst gewesen, sie allein. „Das darfst du nicht sagen“, war die bittere Antwort, die sie ihm geben musste. Was sie von Herzen hätte sagen wollen, das dürfte ihr niemals über die Lippen gehen. Und trotz jedem besseren Wissen trat sie noch einmal auf Emrys zu, überbrückte die Distanz vollständig und ließ die Stirn gegen seine Brust sinken, schloss die Augen, atmete seinen Duft tief ein. Noch einmal seine Nähe spüren bevor das Unausweichliche geschehen müsste... „Es tut mir Leid“, schluchzte sie leise und wünschte sich abermals, dass die Zeit stehen blieb. Dass sie bis ans Ende ihrer Tage genauso hier verharren konnten. „Ich könnte dir das niemals antun“, sprach sie erstaunlich deutlich, trat dann einen Schritt zurück und sah ihm noch einmal tief in die Augen. Ob er darin lesen konnte wie leid es ihr tat? Wie schwer ihr das hier fiel? Dass das hier das Härteste war was sie jemals hatte tun müssen? „Du musst mich vergessen, Emrys, wirklich. Bitte. Tu das für mich, ja?“ Und mit den Worten drehte sie sich um und öffnete die Tür nach draußen, die Schritte immer schneller und schneller damit sie es sich bloß nicht anders überlegte. Womit sie das verdient hatte, sie musste es sich nicht fragen. Sie kannte die Antwort und wusste, dass es sie eigentlich hätte noch viel schlimmer treffen müssen. Auch wenn ihr nicht klar war wie das hätte funktionieren sollen.
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RE: I like the way I can't keep my focus - von Ellison King - 31.01.2024, 13:14

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