25.09.2023, 11:52 - Wörter:
I like the way I can't keep my focus
Emrys biss sich auf die Zunge und schluckte eine Antwort hinunter. Ja, von außen mochte es so wirken, als sei seine Antwort die eines Menschen, der sich nie mit Geldsorgen konfrontiert gesehen hatte. Dass er sehr wohl wusste, was es hieß, kaum Geld zum Überleben zu haben, konnte Ellis ja nicht wissen. Und er konnte es ihr nicht sagen; zumindest jetzt noch nicht, ob es jemals der Fall sein würde, konnte er jetzt noch nicht absehen. Dieses Geheimnis war Eines, das bestens behütet werden musste. Er durfte es niemals leichtfertig teilen, er durfte nie zulassen, dass ihm aus dieser brisanten Information ein Strick gedreht werden konnte. Wenn er die Worte einmal ausgesprochen hatte, ließen sie sich nie mehr zurücknehmen. Und Emrys sprach sowieso nicht gerne über Jack Maloney. Dieser Kerl war mittlerweile ein Fremder für ihn.
Also schwieg er und schmunzelte lediglich, als Ellis seine Playlist erweiterte und anschließend seine Sammlung an Harvard-T-Shirts ansprach. Es war albern, so viele T-Shirts mit dem Schriftzug seiner Alma Mater zu haben, zumal er diese meist nur zuhause trug. Aber er mochte sie nunmal auch. "Ich bekomme immer eins zugeschickt, wenn sie ein neues Design oder eine neue Edition drucken... Ist vermutlich aber weniger seltsam, als Puppen oder Kuscheltiere zu sammeln, oder?" fragte er. "Und nein, sonst gibt es nichts zu entdecken, fürchte ich. Keine sprichwörtlichen Leichen im Keller und auch keine tatsächlichen - ich besitze nämlich keinen Keller." Dafür einen Dachboden und einen Laggerraum, aber auch diese waren komplett leichenfrei.
"Oh doch, das würde ich in 30 Jahren immer noch sagen... dann würde ich dich vielleicht nur bitten, deine Brüste mit den Händen zu halten, damit sie nicht auf dem Boden schleifen." Emrys schnitt Ellis eine Grimasse, die unterstrich, dass er scherzte. Tatsächlich war er sich sicher, dass Ellis in 30 Jahren immer noch gut aussehen würde. Sie hatte offensichtlich gute Gene, also würden ihr die Brüste vermutlich höchstens bis zur Taille hängen. Dass weder er noch sie in 30 Jahren noch so knackig aussehen würde wie heute, war ja klar. Selbst wenn man plastische Chirurgie in Anspruch nähme, so hatte auch diese ihre Grenzen. Doch vielmehr beschäftigte Emrys nun die Frage, wie hoch wohl die Wahrscheinlichkeit war, dass sie einander in 30 Jahren noch nackt sehen würden..? War das hier etwas, das auf einen längeren Zeitraum angelegt war? Was war es denn überhaupt?
Er schob diese Gedanken erstmal beiseite und widmete sich dem zweiten Eistest. "Hm.... besser. Mit Milchspeiseeis nicht zu vergleichen, wenn ich ehrlich bin, aber eine durchaus annehmbare Abwechslung." Eis mit Weingummis fand er leider eklig, allein schon vom Namen her und spätestens nach dem Probieren. Aber das hier war eindeutig essbarer.
"Dankesehr", erwiderte er amüsiert, als sie anmerkte, er habe sich gut gehalten. "Und damit das auch so bleibt, muss ich leider standhaft bei meinem Nein bleiben, was Mamma Mia angeht - den Film ein Mal zu gucken, hat mich bestimmt 5 Jahre gekostet. Das will ich kein zweites Mal riskieren. Und ich glaube, wenn ich diese Lieder nochmal hören muss und diese Dialoge... Dann rollen sich nicht nur meine Fußnägel auf, sondern auch meine Ohren. Und es wäre doch wirklich schade, wenn ich für immer taub wäre." Er hob entschuldigend die Schultern, konnte sich aber ein kleines Feixen nicht verkneifen - er fand seine Argumentation einfach kugelsicher. Die Mamma Mia-Diskussion sollte damit ein für alle Mal vom Tisch sein. Da überließ er ihr sogar gerne das Brownie-Stück, dass sie gerade aus dem Eis befreit hatte.
"Die Rutsche... Vielleicht kommt sie noch eines Tages. Spätestens in 30 Jahren, dann musst du deine Brüste nicht so weit tragen, sondern kannst mit ihnen einfach direkt in die Küche rutschen." Er kniff sie leicht in die Seite, um sie ein wenig zu ärgern. Doch dann wurde es unerwartet ernst, als sie wissen wollte, warum er nicht angerufen hatte. Ja... Warum hatte er nicht?
"Ganz ehrlich?" fragte er zurück und sah ihr in die Augen. "Ich wollte dich unbedingt wieder sehen und hatte Angst es zu versauen, wenn ich dich anrufe. Du hättest übrigens auch anrufen können, nach der ersten Nachricht hattest du ja meine Nummer." Es war auch einfach arbeitstechnich so viel los gewesen, dass er kaum Zeit für private Anrufe gehabt hätte. Aber vielleicht hätte er sich einfach mal ein paart Minuten dafür nehmen sollen. "Hat aber doch geklappt, oder?" grinste er dann. Immerhin saßen sie hier nun postkoital in seinem Bett, man könnte seine Taktik, wenn es denn eine gewesen wäre, also als erfolgreich verbuchen.
"Ich hatte genug Eis, danke." Ellis war so nett, das Eis wieder zurück in die Küche zu bringen, und seine Augen folgten ihr den ganzen Weg hin und zurück. Was sich vor allem auf dem Rückweg lohnte, als sie sich seines Hemdes entledigte. Fuck. Diese Frau war der Wahnsinn. Sie kam auf ihn zu, die Sinnlichkeit in Person, und fast entging es ihm dass sie etwas sagte, so benebelt und betört war er von ihrer Erscheinung - und dem, was sie in ihm auslöste.
"Ich denke eher, dass ich nicht gut genug bin", murmelte er eine Antwort und packte sie dann an der Taille, um sie an sich zu ziehen und so zu küssen, dass sie keinen Zweifel daran hegte, dass er bereit war für den zweiten Nachtisch.