rainbow dance
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#1


rainbow dance
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am 12.06.2020


An Tagen wie diesen liebte Josie ihre Heimatstadt gar mehr, als sonst schon. New Orleans Pride war schon eines ihrer liebsten Feste gewesen, als sie sich ihrer eigenen Zugehörigkeit der LGBTQ+ Community noch nicht bewusst gewesen war. Aber die Liebe, das Gefühl von Zusammengehörigkeit war in diesen Stunden in den Gassen des French Quarter so greifbar, dass Josie selbst in ihren Studienzeiten stets für dieses Fest zurück gekommen war.
Die Musik halte auch dieses Mal durch die Straßen, trug das Gefühl der Glückseligkeit und die Journalistin konnte selbst kaum begreifen, dass sie dieses Jahr sogar dafür bezahlt wurde das bunte Treiben zu beobachten.
Sie hatte in den vergangenen Stunden mit vielen unterschiedlichen Menschen geredet, jeder von ihnen aus anderen, interessanten Gründen zu Gast bei dem wunderschönen Fest. Kaum ein gesicht im Umkreis lächelte nicht und auch wenn Josie längst genug Material und Interview Antworten gesammelt hatte um den Artikel zu schreiben, konnte sie sich noch nicht zum Gehen überwinden.

Stattdessen schob sie ihren Blick samt Tisch zu dem Diktiergerät in die Umhängetasche und die Sonnenbrille auf die Nase und sah sich nach links und rechts um. Nicht weit von ihr entdeckte sie ein bekanntes Gesicht. Bekannt zum Einen, weil er sich am heutigen Tag einige Male in ihrer Nähe aufgehalten hatte und zum Anderen, weil sie seine Bilder mehr als einmal bewundert hatte. Sie konnte sich nicht mehr einwandfrei an seinen Namen erinnern, dafür umso besser, dass er bei der The Times-Picayune angestellt war.
Kurzer Hand schob sie sich an einer lärmenden und lachenden Gruppe von jungen Männern vorbei und steuerte direkt auf den dunkelhaarigen Mann zu und lächelte ihm schon breit zu, als sie noch einige Meter von ihm entfernt war. Doch zur Flucht kam er nicht mehr, da stand sie bereits direkt neben ihm, beobachtete interessiert das Motiv was er eben fotografiert hatte.
„Erfolgreicher Tag für gute Bilder?“, erkundigte sie sich beiläufig. Sie bezweifelte, dass er wusste, dass sie im gleichen Beruf tätig waren, außer er hatte sie heute ebenfalls von zeit zu Zeit bei der Arbeit gesehen.
„Du arbeitest für die The Times-Picayune, richtig?“, sie ließ die Sonnenbrille etwas die Nase herab rutschen, sah ihn über die getönten Scheiben hinweg und grinste breit.
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#2


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am 12.06.2020


Jay wischte sich den Schweiß von der Stirn. Die Straßen waren gepackt voll, Musik dröhnte aus diversen Boxen und die Stimmung war seit mehreren Stunden auf einer so beschwingenden Höhe, dass man sich der feiernden Masse kaum entziehen konnte. Ein Fest, dass er gerne auch als Besucher mitgenommen hätte, doch da machte ihm der Job mal wieder einen Strich durch die Rechnung. Selbstgewähltes Glück. Jay hatte in den letzten Zeit einige gut platzierte Bilderstrecken in der Zeitung gehabt, auch in den Online Medien waren seine Schnappschüsse in der Regel gut platziert. Ja, zumindest ins NOLA gehörte er aktuell zu den moderneren und frischen Fotografen in der leicht angestaubten Print-Branche. Nicht unbedingt einfach, wenn man bedachte, dass heutzutage jeder Mensch in der tanzenden Masse mit dem Mobiltelefon Bilder machen konnte, die zumindest von der Bildqualität auch an die, die mit einer hochwertigen Kamera gemacht wurden, rankamen. Daher ging es vor allem darum, sich mit Ästhetik und Emotionen durchzusetzen und keine Mühen zu scheuen, Bilder zu ergattern, die einen Moment derart lebhaft festhielten, dass auch die lesenden Bewohner zuhause das Gefühl bekamen, sie wären dabei gewesen.

Javad war schon seit einigen Stunden auf den Beinen, hatte bereits die obligatorische Ruhe vor dem Sturm in Bildern dokumentiert… entsprechend ausgelaugt war er langsam, aber sicher auch. Gerade klickte er durch die letzten Aufnahmen, als er den Kopf hob und ihm ein ihm unbekanntes Lächeln entgegen strahlte. Schnell hatte die junge Frau zu ihm aufgeschlossen. „Ziemlich guter Tag, ja.“, er erwiderte ihr Grinsen und kippte die Kamera so, dass sie auch einen Blick auf das Display erhaschen konnte. „Stimmt.“, er wurde selten so direkt auf sein Angestelltenverhältnis angesprochen, weswegen er schnelle Schlüsse zog: „Sind wir entfernte Kollegen?“, er musterte sie kurz. „Lass mich raten, du bist freie Journalistin.“, würde irgendwie passen, zudem erspähte er keinen Presseausweis von einem festen Absender an ihr. „Ich wollte mir kurz einen Kaffee holen.“, er nickte in Richtung eines etwas abgelegeneren Standes in einer angrenzenden Seitenstraße. „Lust mitzukommen?“
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#3


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am 12.06.2020


Die Hitze und das Gedränge der Menge ließen ihre Kleider unangenehm an ihrem Körper kleben. Josie hatte warmes Wetter stets geliebt, aber, wenn man diese Witterungsverhältnisse auch noch unter so vielen Menschen verbrachte, da verging sogar der kleinen Journalistin der Spaß. Sie sehnte sich nach einem kühlen Getränk und einer Bank, war sie doch schon den ganzen Tag auf den Beinen. Und doch, gehen wollte sie nicht. Konnte sich nicht losreißen von der ausgelassenen Stimmung, zumal die Pride auch ihr Fest war. Sie hatte heute morgen das schwarze Tshirt mit der Regenbogenflagge angezogen. Ein Geschenk ihres Bruders Jake vor vielen Jahren, welches wahrhaft zu wenig Beachtung in ihrem Kleiderschrank fand. Also, die Arbeit hinter sich gelassen, hatte sie sich eine neue Beschäftigung gesucht und sie in dem dunkelhaarigen Mann unweit von ihr gefunden.

Sie grinste ihn an, studierte dann interessiert das Bild auf dem Bildschirm. Dass der junge Mann talentiert war, wusste sie. Andernfalls hätte sie ihn kaum so direkt angesprochen. Mit so viel Dreistigkeit war nicht einmal Josie gesegnet.
“Weit entfernt“, bestätigte sie lachend und zog dann die Augenbrauen anerkennend nach oben. “Nicht schlecht. Gutes Auge“, lobte sie ihn gut gelaunt und zerrte den Stoff ihres Thsirts etwas von ihrem Bauch weg, versuchte kühlende Luft an den erhitzten Körper kommen zu lassen, das Vorhaben war allerdings recht unerfolgreich.
Sie folgte seinem Blick, entdeckte einen Stand der ihr bisher nicht aufgefallen war, zu sehr hatte das bunte Treiben ihre Aufmerksamkeit erfordert. Sie sollte eindeutig daran arbeiten ihre Umgebung besser zu begutachten.
“Sehr gern“, sie nickte, horchte erst danach in sich herein und stellte fest, dass etwas zu trinken nicht schaden würde. Josie neigte dazu ihre Bedürfnisse in solchen Momenten zu vergessen, zu sehr war sie von den Menschen und all den Geschehnissen eingenommen. Ihre Cousine belächelt sie dafür häufig, hatte sie sich doch mehr als einmal anhören müssen, dass Josie sich wohl noch selbst versehentlich zu Tode hungern würde. Und so unrecht hatte Trisha damit leider nicht einmal.
Die Blondine setzte sich in Bewegung, schob sich mühelos durch die lichter werdende Menge auf den Stand zu. Kurz davor sah sie sich zu ihrer neuen Begleitung um. “Was darf es denn sein?“
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