09.03.2021, 21:41 - Wörter:
Have yourself a merry little proposal, uhm, I mean Christmas!
, Gast, Gast
am 24.12.2018
am 24.12.2018
So schwer es der Greene manchmal fiel, die richtigen Worte für ihre Gefühle zu finden und diese dann auch noch auszusprechen, so leicht fiel es ihr wiederum, sich ihre Zukunft mit Daniel auszumalen. Seit der Trennung ihrer Eltern und dem Absturz ihres Vaters hatte sie trotz einiger kurzer Beziehungen gedacht, sie würde es nie schaffen, jemandem für den Rest ihres Lebens ihr Herz und ihr Vertrauen schenken zu können, doch dann war er in ihr Leben gekommen und hatte sie mit Geduld und Hingabe davon überzeugt, der Liebe eine Chance zu geben. Sie bereute es nicht und sie war sich sicher, es auch nie zu bereuen, denn das, was sie miteinander teilten, fühlte sich genau richtig an. Die Zeit hatte gezeigt, dass es nicht nur anfängliche Faszination oder sexuelle Anziehung zueinander war, die Skylar schon beim ersten Treffen wie einen Blitz getroffen hatte, sondern dass einfach die ganze Chemie zwischen ihnen stimmte. Das abgedroschene Bild des fehlenden Puzzleteils, das perfekt in ihres passte, ergab für Skylar einen Sinn, seitdem sie Daniel in ihr Leben gelassen hatte. Durch ihn fühlte sie sich vollständig und sie wollte ihn und dieses Gefühl nie mehr missen müssen. Er hatte bewiesen, dass er Skylar mit all dem Chaos, das sie umgab, schätzte, liebte und unterstützte, und damit gezeigt, dass er nicht nur in diese Familie passte, sondern dass er zu ihr gehörte. Wieso also noch warten?
Bis sie die Frage aller Fragen ausgesprochen hatte, hatte Skylar keine konkreten Erwartungen an seine Reaktion gehabt. Die Gefühle hatten sie einfach übermannt, sie hatte sich nicht mehr bremsen können, doch kaum war der Antrag über ihre Lippen getropft, dämmerte ihr, dass sie möglicherweise einen Fehler gemacht hatte. Das, was sich eben noch so richtig und sicher angefühlt hatte, schien gar nicht so richtig und sicher gewesen zu sein – oder zumindest ließ Daniels Reaktion diesen Schluss zu. Denn genau genommen gab es zunächst überhaupt keine. Er sah sie einfach an und sagte nichts. Sekunden vergingen, in denen das verliebte Lächeln der Greene verblasste, der Glanz in ihren Augen ermattete und ihr Herz ihr vor lauter Panik, alles ruiniert zu haben, beinahe aus der Brust sprang.
„Sky… das…“ … ist eine dämliche Idee. Wie kommst du nur darauf?, reimte Skylar sich die Worte im Kopf zusammen, die ihm in seiner Perplexität nicht über die Lippen kommen wollten, und mit gen Boden tropfendem Blick presste sie die Lippen aufeinander und versuchte tapfer, den nassen Schleier auf ihren Augen zurückzuhalten. Am liebsten hätte sie die Hände vor ihr Gesicht geschlagen oder besser noch gelacht und so getan, als wäre es nur ein Scherz gewesen, um die Kurve noch zu kriegen, aber es ging nicht. Sie war wie gelähmt und alles in ihr versuchte damit klarzukommen, dass der Mann, den sie über alles liebte, ihren Heiratsantrag abgelehnt hatte. Es tat weh. So richtig weh. Und was tat er? Er lachte, wodurch sie sich nur noch dümmer vorkam.
Sie konnte in sein Lachen nicht mit einsteigen, fand diese Situation ganz und gar nicht lustig, aber sie konnte ihm auch nicht zeigen, dass sein Verhalten sie verletzte. Sie saß nur da, verunsichert und zerbrechlich wie noch nie, hörte noch, dass er ihr irgendetwas sagte, doch was genau konnte sie durch das laute Rauschen in ihren Ohren nicht hören. Sie hob ihren Blick, als er einen Kuss auf ihre Fingerknöchel drückte, und desillusioniert sah sie ihm hinterher, als er sich erhob. Sie sollte also hier sitzen bleiben? Viel lieber würde sie nun im Erdboden versinken und nie wieder auftauchen, aber auch das passierte nicht. Kaum war er aus ihrem Blickfeld verschwunden, konnte sie die Tränen auch schon nicht mehr aufhalten; sie schwappten über ihre unteren Augenlider und bahnten sich ihren Weg über ihre blassen Wangen, während sie tief einatmete und versuchte, nun nicht die Nerven zu verlieren. Gerade noch rechtzeitig trocknete sie ihre Tränen mit dem Ärmelsaum seiner Sweatshirtjacke, sodass vielleicht höchstens der verdächtige Glanz und die leichte Röte ihrer Augen noch darauf hinwiesen, dass sie geweint hatte, als er sich vor sie kniete. Die Entschuldigung für die Abfuhr fiel knapp, beinah beiläufig aus, was der Greene nur noch mehr zusetzte – und doch schaffte sie es nicht, ihre Hände zurückzuziehen, als er sie nahm. Dass diese Entschuldigung gar nicht dafür war, ihren Antrag nicht angenommen und sie ausgelacht zu haben, sondern dafür, sie so verunsichert zurückgelassen zu haben, begriff sie noch nicht. Selbst die ersten Worte, die er nach diesem Schock zu ihr sagte – ein liebevolles Geständnis – drangen in ihrer eigentlichen Bedeutung gar nicht richtig zu ihr durch, weil sie viel zu konzentriert auf das große ‚Aber‘ mit dem Grund für den Korb wartete, um sich mental darauf vorzubereiten. ‚Du bist das beste, was mir in meinem ganzen Leben passiert ist,…“ … aber? Es gab kein Aber. Stattdessen eine Unterbrechung und ein Kopfschütteln. Skylar hatte ihre Lippen schon geöffnet, um ihn zu bitten, es einfach kurz und schmerzlos zu machen, doch da fand er seine Worte wieder und nur eines davon war das gefürchtete Aber… und zwar in einem ganz anderen Kontext: „… Aber du hast völlig Recht.“
Erst jetzt registrierte sie, was hier eigentlich gerade passierte und dass sie die ganze Situation vollkommen falsch verstanden hatte, weshalb sie erst völlig perplex blinzelte und dann… schluchzte, aber nicht, weil sie traurig und verletzt war, sondern weil ihr ein riesiger Stein vom Herzen fiel und ihre kurzzeitig zerbrochene Welt mit einem Schlag nicht nur wieder zusammengesetzt wurde, sondern sie obendrein auch noch eine Liebeserklärung bekam, die unter die Haut ging, und überdies erfuhr, dass er ihr genau diese Frage auch schon stellen wollte. Ihr Schluchzen war also eher ein missglücktes, erleichtertes Glucksen, mit welchem sich all die Anspannung löste, die sich in so kurzer Zeit angestaut hatte. Und die Tränen, die nun wieder aus ihren Augen schossen, entsprangen purer Freude. Denn er sprach endlich aus, was sie so dringend hatte hören wollen: Ja, natürlich wollte er sie heiraten.
„Geht doch… Man, du hast Nerven“, brummte die Blonde und wischte sich mit einem leisen Lachen über die feuchten Augen – eine scherzhafte Beschwerde über die Gefühlsachterbahn, mit welcher sie wegen seiner uneindeutigen Reaktion hatte fahren müssen. Sie war natürlich nicht wirklich sauer, ihr wurde bewusst, dass sie möglicherweise etwas zu empfindlich reagiert und sein Verhalten vor lauter Nervosität völlig falsch gedeutet hatte. Sie hätte ja nicht gleich den Teufel an die Wand malen müssen. Als sie ihre Hände wieder gesenkt und ihre Augen geöffnet hatte, schob sich ein dunkelblaues Kästchen in ihr Sichtfeld und Daniel offenbarte dessen funkelnden Inhalt, welcher der Greene glatt die Sprache verschlug.
Er hatte ihr einen Ring besorgt. Einen waschechten und wunderschönen Ring. Als Symbol seiner Liebe, bestückt mit einem Stein in ihrer Lieblingsfarbe. Skylar wusste nun zwar, dass er bereits überlegt hatte, ihr einen Antrag zu machen, aber sie hatte nicht damit gerechnet, dass er ihr einen Ring schenken würde. So etwas hätte sie nie erwartet, einfach weil sie wusste, dass Schmuck teuer war und sie nicht die Erwartung an ihren Partner stellte, dass er so viel Geld ausgab, nur damit sie ihn heiratete. Das musste er nämlich überhaupt nicht. Alles, was sie wollte, war er. Und doch könnte sie nicht leugnen, sich sehr über diesen sorgsam ausgesuchten Ring zu freuen, welcher die Frage, die er nun an sie zurückgab, perfekt unterstrich.
„Daniel… ich…“ Sie versuchte, ihre Emotionen in Worte zu fassen, doch auf diesem Level hatte sie noch nie gefühlt. Sie war überfordert mit den Glücksgefühlen und all der Liebe, die sie für Daniel empfand, weshalb sie es aufgab, es in Worte fassen zu wollen, und all diese emotionale Energie zunächst etwas entlud, indem sie ihre Arme um seinen Hals schlang und ihn stürmisch küsste. Verliebt lächelte sie in diesen Kuss hinein, wieder kullerten Freudentränen über ihre geröteten Wangen und mit wild klopfendem Herzen verließ sie seine Lippen, um ihm tief in die Augen sehen zu können. „Ich habe noch nie etwas mehr gewollt.“ Ja, sie wollte ihn heiraten. Am liebsten auf der Stelle.
Leicht rückte sie wieder von ihm ab und hielt ihm ihre linke, vor Aufregung zitternde Hand hin, damit er den Ring über ihren Ringfinger streifen konnte.
„Er ist wunderschön, Daniel…“, perlte es von ihren Lippen, während sie fasziniert beobachtete, wie der rote Stein das warme Licht des Weihnachtsbaumes reflektierte. Ihr Herz schlug noch immer so schnell, dass sie es selbst in ihren Fingerspitzen spüren konnte. „Nein. Er ist perfekt.“ Sie würde ihm sogar zutrauen, ihren Geschmack ganz ohne die Beratung durch ihre Geschwister oder ihre beste Freundin Rebecca so gut getroffen zu haben. Was sie dennoch auf die Frage brachte, ob sie nicht trotzdem davon gewusst hatten.
„Wie lange hast du das schon geplant, dass du den so einfach hervorzaubern konntest? Du weißt doch, dass solche Dinge in diesem Haus nicht sicher sind.“ Ein Schmunzeln begleitete ihre humorvoll-mahnenden Worte und nachdem ihr Blick noch einmal auf ihren Verlobungsring getropft war, überkam es sie und sie stürzte sich erneut für ein paar Küsse auf ihn, ließ sich dieses Mal jedoch mit ihm zur Seite fallen, sodass sie sanft auf dem Teppich vor der Couch landeten. Halb auf ihm liegend strich sie mit dem Daumen ihrer linken Hand über seine bärtige Wange, als sie dann wieder kichernd von ihm abließ. „Wie gut, dass wir das mit den Flitterwochen schon beim zweiten Treffen geklärt haben, Romeo.“ Es gab ihn immer noch, den scherzhaften Spitznamen, den sie ihm damals nach seinem ebenso scherzhaften Heiratsantrag bei ihrem allerersten Chat gegeben hatte. Damals hätte sie nicht gedacht, dass der schöne Mann von Tinder ihre Welt auf so wundervolle Art auf den Kopf stellen würde, und ihr wurde schlagartig bewusst, wie die ganzen Scherze, die sie damals gemacht hatten, auf einmal – zumindest teilweise und auch nur im Kern – zu ihrer gemeinsamen Realität werden würden.