14.11.2020, 20:53 - Wörter:
Tis the season to be jolly... fala lala laaa, la fuck my life
, Gast, Gast
am 26.12.2016
am 26.12.2016
Rebecca & Skylar | 26.12.2016 | 18:00 Uhr | Livingston, New Jersey
tis the season to be jolly
fala lala laaa,
la fuck my life.
la fuck my life.
Eigentlich gab es an Weihnachten nichts, worauf sich die Greene besonders freute. Die Weihnachtszeit war in ihrer Familie nie etwas besonderes gewesen, nicht einmal bevor sich ihre Eltern nacheinander von ihren Pflichten verabschiedet hatten, und nun, da Caleb alt genug war, dass er auch allein bei Skylars Grandma Betty bleiben konnte, konnte sie die Feiertage wieder nutzen, um besonders viel Trinkgeld bei ihrem unbefriedigenden Job als Kellnerin in einem Diner abzustauben. Auch an diesem Tag arbeitete sie unermüdlich, trug ihr bezauberndstes Lächeln auf ihren Lippen, wünschte jedem einen Guten Rutsch ins neue Jahr und wirkte so, als würde sie es lieben, viel zu fettiges Essen an übergewichtige Kunden zu verteilen, dabei machte sie diesen Job nur, weil sonst niemand die alleinerziehende Mutter ohne abgeschlossene Ausbildung als Köchin einstellen wollte und sie das Geld wirklich dringend brauchte. Dabei war es nicht nur das miese Essen, das die blonde Genießerin immer wieder aufstoßen ließ, sondern vor allem ihr Chef, Warren Hunt, der sie mit seinem frauenfeindlichen Verhalten immer wieder auf die Palme brachte. Es ging der Greene gehörig gegen den Strich, dass er seinen Kellnerinnen Spitznamen wie ‘Puppe’, ‘Süße’ oder ‘Kleine’ gab, er sie selbst im Winter lächerlich kurze Kleidchen tragen ließ und immer wieder seine Macht spielen ließ, da er ganz genau wusste, dass die Damen, die für ihn arbeiteten, auf ihre Jobs angewiesen waren und keine andere Wahl hatten, als es sich gefallen zu lassen. Wer Skylar kannte, wusste, dass sie sich zu wehren wusste und dies auch tat, ganz gleich, was für Konsequenzen dies für sie haben könnte, doch dieses Mal war es anders, denn die Konsequenzen, die folgen würden, würden nicht nur sie betreffen. Sie brauchte einen Job, um Calebs Windeln und Bettys Arztrechnungen zu bezahlen, musste die Einkäufe finanziell stemmen und versuchte nebenbei noch ein kleines Sparbuch zu führen, damit ihr Sohn es einmal besser hätte als alle Greenes vor ihm. Und da sie sonst keiner nehmen würde, blieb sie tapfer und wartete, bis sich eine andere Tür öffnete. Natürlich gab es da noch immer diese eine Tür, die hinter ihr lag und sie nie wieder betreten wollte, aber sie hatte ihre Entscheidung getroffen: eine Rückkehr nach New York, in die gefährliche Nachbarschaft, in der sie mit ihren Geschwistern unter miesesten Umständen in einer baufälligen Bruchbude groß geworden war, kam nicht in Frage. Zwar vermisste sie ihre Familie auch, aber sie konnte nicht noch länger die Aufpasserin für ihre Geschwister spielen. Sie hatte es satt, stets alles im Blick haben und darauf aufpassen zu müssen, dass niemand im Knast, im Krankenhaus oder auf dem Friedhof landete, und seit Caleb da war, war sie sich sicher, dass sie dafür auch weder die Zeit, noch die Nerven hätte. Der ursprüngliche Plan, Caleb nach der Geburt in die Hände gut situierter Adoptiveltern zu geben und danach zurück zu ihrem Restaurant und ihrem alten Leben in NYC zurückzukehren war in jenem Moment, in welchem sie das verklebte, schreiende Würmchen gesehen hatte, dem Wunsch gewichen, ihn zu behalten, zu beschützen und selbst diejenige zu sein, die ihm großartige Perspektiven bot. Und nun, anderthalb Jahre später stand sie hier, in einem Diner und einer Uniform, die sie hasste, und starb jedes Mal innerlich ein kleines Bisschen, wenn sie ihre Wut und ihren Unmut schlucken und stattdessen tapfer darüber hinweglächeln musste.
‘Tu es für ihn’ stand es mit dickem, rotem Filzstift krakelig und sicher nicht frei von Rechtschreibfehlern auf dem unteren Rand des Polaroidfotos, das die Innenseite ihrer Spindtür zierte und einen schlafenden Säugling zeigte. Ein verzweifelter Versuch der jungen Mutter, trotz ihrer Unzufriedenheit durchzuhalten und nicht zu vergessen, worum es hier eigentlich ging. Jedes Mal, wenn ihre Schicht anfing oder endete und sie sich in dem kleinen Mitarbeiterraum umzog, spendete ihr dieses Foto etwas Trost und Zuversicht, an diesem Abend jedoch war das traurige Lächeln der Blonden nicht nur dem kleinen Greene geschuldet, sondern vor allem der Aussicht auf ein Wiedersehen mit ihrer besten Freundin Rebecca. Sie hatten ausgemacht, dass sie sie von der Arbeit abholen und sie gemeinsam zu Skys Grandma fahren würden, wo sie seit ihrer Flucht aus der Stadt wohnte, würden gemeinsam das kleine Festmahl verschlingen, das Skylar in der letzten Nacht vorbereitet hatte, und vielleicht bei einem Weihnachtsfilm und heißem Kakao kichern und scherzen. Auch ein kleines Geschenk hatte die junge Mutter für ihre beste Freundin besorgt und die Vorfreude auf dieses kleine Weihnachten mit den für sie wichtigsten Menschen hatte ihr an diesem Tag einen ganz besonderen Aufschwung gegeben. Immer wieder hatte sie auf die Uhr gesehen und pünktlich um Sechs hatte sie die von ihr bedienten Tische ihrer Kollegin Brenda überlassen, um die Blackburn nicht unnötig lang warten zu lassen. Hastig knöpfte sie die Knöpfe der Diner-Uniform auf, sprühte sich etwas Deo unter die Arme, um den dominierenden Geruch von altem Fett zu überdecken, und schälte sich ganz aus dem Kleidchen. Sie verschwendete keine Zeit, schlüpfte in ihre Hose und ein Tanktop, zog ihre Socken und Schuhe an und wollte sich gerade den Pulli über den Kopf streifen, als sich die Tür öffnete und sie sich den zusammengeknüllten Stoff reflexartig vor den Oberkörper hielt.
“Fuck, Warren, das Schild!!!”, wies sie den Eindringling schroff auf den Zettel hin, mit welchem die Mädels des Diners kennzeichneten, dass gerade jemand in der Umkleide war und sich umzog, doch unbeeindruckt von der funkelnden Wut in Skylars Augen lehnte sich der Dunkelhaarige mit vor der Brust verschränkten Armen gegen den Spind neben dem geöffneten Schrank der Greene und kam ihr auf diese Art unangenehm nah.
“Hab ich gesehen, war mir egal”, grinste er schief, “aber wie ich sehe komme ich eh schon ein bisschen zu spät. Das Beste hab ich wohl verpasst...”
Skylars Augen weiteten sich und sie war wie paralysiert, als er mit einer Dreistigkeit, die sie einfach nur sprachlos machte, seine Hand ausstreckte, um den runtergerutschten BH-Träger an ihrer linken Schulter hochzuschieben... dann jedoch ging alles ganz schnell. Es folgte ein Klatschen, das so laut war, dass selbst die Kunden im Gastraum des Restaurants aufsahen und innehielten, und der glühend rote Handabdruck an Warrens Wange sowie der brennende Schmerz in ihrer rechten Handfläche ließen die junge Mutter bewusst werden, dass sie die Beherrschung verloren hatte. Fassungslos sah der Dinerbesitzer seine Angestellte an, blinzelte zunächst perplex und eine angespannte Stille entstand, die Skylar schwer schlucken ließ.
“Okay, okay”, fing er dann an und rieb sich mit seine tätowierten Fingern über die Wange. In seinen grünen Augen flackerte etwas auf, das unheilvoll und düster wirkte; als hätte Skylars Widerstand in ihm etwas geweckt, das lieber nicht hätte geweckt werden dürfen. “Ich gebe dir ne Chance, es wieder gut zu machen, Kleine. Dann vergessen wir das hier und du kannst den Job behalten.”
Skylars Blick tropfte zu Boden und ihr wurde schlecht, so schnell pumpte ihr Herz vor lauter Panik gegen die Innenseite ihres Brustkorbs. Sie brauchte diesen Job. Aber sie wusste, dass sie im wahrsten Sinne des Wortes auf Knien vor ihm herumrutschen und ihn anbetteln, gar schlimmere Dinge für ihn tun müsste, damit sie den Job im Diner behalten könnte. Sie erschauderte, als sie seine kühle Hand an ihrem Kinn spürte und er sie mit leichtem Druck zwang, ihren Kopf zu heben und ihm ins Gesicht zu sehen, doch sie hielt sich dieses Mal zurück. Du brauchst diesen Job. Tu es für Caleb.
“Ich wollte schon immer mal wissen, wie es sich anfühlt, eine Mom zu fi-”
“Fick dich, Warren”, fiel sie ihm plötzlich mit schneidender Kälte ins Wort und schob seine Hand weg, worauf sie ihre restlichen Sachen aus dem Spind nahm, sie grob zusammengeknüllt unter ihren Arm klemmte und das Foto von der Spindtür riss. “Ich kündige.”
Überrascht hoben sich da die Augenbrauen des Dinerbesitzers und sprachlos drehte er sich zu ihr um und verfolgte sie mit seinem Blick, als sie mit all ihren Sachen aus der Umkleide und dem Diner stürmte. Sie nahm sich nicht einmal die Zeit, ihre Jacke anzuziehen, fröstelte dementsprechend, als sie durch den Schnee über den Parkplatz zum Auto ihrer Freundin stampfte, vor welchem diese schon auf sie wartete. Schwach lächelte Sky Rebecca zu, als sie vor ihr stehen blieb, und sie wollte sie eigentlich mit dem immergleichen lustigen Insider begrüßen, doch die zurechtgelegten Worte wollten einfach nicht über ihre Lippen kommen. Stattdessen füllten sich die braungrünen Augen der jungen Mutter mit Tränen, da ihr just bewusst wurde, es verkackt zu haben, weil ihr ihr dämlicher Stolz in die Quere gekommen war.
“Hey”, perlte es ein bisschen heiser über ihre Lippen, als sie ihre Sachen in den Schnee fallen ließ und ihre Freundin umarmte. Anders als sonst war diese Umarmung jedoch nicht nach maximal zwei Sekunden beendet. Stattdessen legten sich die Arme Skylars fester um die schlanke Statur der Dunkelhaarigen, sie vergrub ihr Gesicht in ihrem so vertraut duftenden Haar und ein Schluchzen ließ ihren ganzen Körper erbeben, als ihre Dämme schließlich brachen und die angestauten Tränen über ihre Wangen flossen. “Ich bin so froh, dass du hier bist, Becks.” Ihre Stimme überschlug sich, als sie sich an dem dicken Kloß in ihrem Hals vorbeikämpfte. Noch immer schluchzend löste sie sich schließlich von ihrer besten Freundin, schlang die Arme um sich selbst und rieb sich zitternd die kalten Oberarme, ehe sie entschuldigend zu der Blackburn aufsah und sich mit dem Handrücken die Nässe aus dem Gesicht wischte. “Sorry für den kleinen Ausbruch. War ein mieser Tag. Lass uns fahren...” Vorsichtig sah sie hinter sich zum Diner, durch dessen Fenster sie ihren Ex-Chef wütend Richtung Tür stiefeln sah. “... und das am besten, bevor dieses Arschloch rauskommt.”