memories of the very first day of our forever
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#4


memories of the very first day of our forever
,   Emrys Westbrook,   Ellison King
am 15.06.2020


So war das eben in einer eingeschworenen Gruppe in einem Mittelklassepub, in dem jeder irgendwie einen Stammplatz an der Theke hatte und doch niemand wusste wie die andere Person mit Vornamen hieß. Bobby hieß auch nicht wirklich Bobby, nicht einmal Bob oder das anverwandte Robert; irgendwann hatte an seinem Shirt ein Sticker geklebt, Herkunft unbekannt, auf dem Bobby gestanden hatte und ab da war es das dann gewesen, beziehungsweise viel eher: er war es dann gewesen. Der Bobby im Raum. Irgendwer hatte sie einmal Blondie genannt und dafür zahlen müssen. Wortwörtlich. Die Rechnung des Abends war auf ihn gegangen, weil das ungeschriebene Gesetz galt, dass hier niemand aufgrund seines Erscheinungsbilds betitelt wurde. Deswegen, aber auch nur deswegen, verkniff Ellis es sich dem Neuling im Streberoutfit zu sagen, dass ein dokumentierter Nachweis seiner akademischen Laufbahn nicht nötig war weil sein wirklich sehr ansprechendes Gesicht in Kombination mit der Klamotte als Zeugnis darüber vollkommen ausreichte.
Als ob Alkohol ein Problem wäre! „Natürlich nicht, das ist unser größter gemeinsamer Nenner hier. Traurigerweise.“ Sich mit seinem Alkoholkonsum zu rühmen lag ihr nun wirklich fern, aber in den seltensten Fällen kam wohl jemand hierher um sich eine schöne, eisgekühlte Apfelschorle zu gönnen. Selbst wenn, wäre natürlich okay, aber die literarischen und intellektuellen Ergüsse ihrer Mittrinker würde Ellis im Leben nicht nüchtern aushalten. Sie rutschte einen Platz weiter, machte somit Platz für den Neuzugang und musste schnaubend ausatmen, als Bobby sich schon wieder echauffierte. „Siehst du womit ich hier arbeiten muss?“ Eine nickende Kopfbewegung in Richtung des Bierbäuchigen. Wirklich, wieso sie sich das selber immer wieder antat… „Bisher hat er noch niemanden gebissen, aber das heißt nichts. Glücklicherweise wirkt Alkohol ja desinfizierend.“ Ellis schob ihm sein von Oliver bereitgestelltes Bierglas drei Zentimeter näher, auffordernd gar, und griff dann zum eigenen Glas um im Ansatz mit dem Fremden neben ihr anzustoßen. Immerhin, sein Eintreffen schien vielversprechend zu sein, jemand der ganze Sätze formulieren konnte, weltmännisch genug aussah um zu wissen, dass eine Welt außerhalb dieses Stadtteils existierte und Humor hatte. Letzteres, das war das Wichtigste.

„Dann und wann.“ Sie wog den Kopf ein wenig zur Seite und blickte den Mann interessiert an. „Sowas fragt man eine Lady im Pub nicht.“ Vielleicht war sie wirklich zu oft hier, zuletzt zumindest, auf der Suche nach Inspiration für ihr neues Buch. Aber wie oft war zu oft?
“Leider nicht so oft wie er“, entschied Oliver sich ins Gespräch einzumischen und nickte seitlich auf Bobby. Gut, dessen Gesäß hatte schon einen definitiven Abdruck in den Barhocker gebrannt auf dem er da saß, fehlte nur noch die Plakette mit seinem Namen an der Bar, genau an diesem Platz. Ellis sah dem Barkeeper einen Moment hinterher und reckte sich dann um an eine der Speisekarten zu kommen, das Material klebte standesgemäß an ihren Fingern und löste den Drang aus aufzustehen und sich die Hände zu waschen. „Kommt drauf an was du magst, für mich kommen hier immer nur die Pommes in Frage weil Monsieur nicht einsieht vegane Optionen auf die Speisekarte aufzunehmen.“ Wieder ein böser Blick in Richtung Oliver, dem das nicht hätte egaler sein können, scheinbar. „Aber die kann ich empfehlen, solange du danach nichts mehr vor hast. Hoher Fett- und Salzgehalt und geringe Nährstoffdichte, du weißt schon. Aber dafür sind sie wirklich lecker. Ansonsten sollen die Hamburger gut sein, hab ich gehört.“ Sie zuckte mit den Schultern, hatte sie hier nie gegessen, würde vermutlich auch nie passieren.
„Du bist auch wirklich gar nicht von hier, oder?“ Erweiterte Fragestellung von zuvor. Sein Akzent, definitiv nicht aus Boston. „Nach Boston verlaufen und dann ausgerechnet in diesen Laden hier gestolpert.“ Ellis schnalzte leise, legte die Unterarme auf die Theke vor sich und lehnte sich entsprechend vor. „Du hättest dir wenigstens den Abend mit dem Pub Quiz aussuchen sollen, dann kann man Gratisbier gewinnen.“ Sie sah ihn noch einmal abschätzend von oben bis unten an. „Du siehst aus als wüsstest du was die Hauptstadt von Mikronesien ist.“
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RE: memories of the very first day of our forever - von Ellison King - 11.08.2024, 13:49

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